Klopapier: Die Hamster sind wieder unterwegs
22. Oktober 2020Die Corona-Pandemie treibt den Absatz von Hygieneartikeln in Deutschland nach oben. Die Verkaufszahlen von Toilettenpapier lagen in der Woche vom 12. bis 17. Oktober fast doppelt so hoch (plus 89,9 Prozent) wie im Durchschnitt der Vorkrisen-Monate August 2019 bis Januar 2020, wie eine am Donnerstag veröffentlichte Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes zeigt. Der Absatz von Desinfektionsmitteln wuchs um knapp drei Viertel (plus 72,5 Prozent) und der von Seife um knapp zwei Drittel (plus 62,3 Prozent). "Die Nachfrage nach Desinfektionsmitteln und Seife blieb auch während des Sommers, als sich der Absatz von Lebensmitteln weitgehend normalisiert hatte, leicht überdurchschnittlich", hieß es.
Auch die Nachfrage nach Mehl (plus 28,4 Prozent) und Hefe (plus 34,8 Prozent) zog nach Erkenntnissen der Statistiker wieder deutlich an. Politiker und der Handel versichern immer wieder, die Versorgungslage mit Gütern des täglichen Bedarfs sei gesichert und appellieren an die Verbraucher, auf "Hamsterkäufe" zu verzichten. Eine erneute Welle solcher Vorratskäufe wie im Frühjahr sehen große Handelsketten bislang nicht, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur Anfang dieser Woche ergab. Nur vereinzelt sei bislang eine erhöhte Nachfrage nach bestimmten Produkten festzustellen.
"Es ist genug für alle da"
Auch der deutsche Lebensmittelhandel sieht ungeachtet der stark steigenden Nachfrage nach Waren wie Reis und Mehl bislang keine Hamsterkäufe wie während der ersten Corona-Welle im März. "Wir beobachten weiterhin keine flächendeckende Veränderung des Einkaufsverhaltens der Kunden", sagte der Sprecher des Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH), Christian Böttcher, am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters.
"Generell spiegelt die Nachfrage in den Lebensmittelgeschäften wie bisher die Bevorratung des normalen Bedarfs wider." Vereinzelt komme es in einigen Regionen und bei einigen Warengruppen wie Hygieneartikeln zu einer höheren Nachfrage. Die werde aber problemlos von den Lieferketten aufgefangen, es werde immer wieder aufgefüllt. "Es gibt aus unserer Sicht auch künftig keinen Grund, zusätzliche Vorräte anzulegen", sagte Böttcher. "Die Warenversorgung ist stabil. Lagerbestände sind ausreichend vorhanden." Eine wichtige Grundregel sollte beim Lebensmitteleinkauf immer beherzigt werden, sagte der Sprecher: "Wenn jeder nur das kauft, was er braucht, ist auch genug für alle da".
Zu Beginn der Corona-Pandemie im März und April war es in einzelnen Supermärkten zu leeren Regalen gekommen.Kunden griffen verstärkt vor allem zu Hygieneartikeln wie Toilettenpapier sowie zu Konserven, Nudeln oder Mehl. Viele Geschäfte erlaubten deshalb nur noch den Kauf haushaltsüblicher Mengen. "Die Politik und Wirtschaftsverbände sehen die Versorgungslage mit Gütern des täglichen Bedarfs unterdessen als gesichert und appellieren an die Bevölkerung, von 'Hamsterkäufen' abzusehen", betonte das Statistikamt nun.
Zweite Welle drückt auf Konsumlaune
Die massiv steigende Zahl der Corona-Neuinfektionen drückt die Konsumlaune der Verbraucher: Das Marktforschungsinstitut GfK prognostizierte am Donnerstag einen Wert von minus 3,1 Punkten für November, das sind 1,4 Punkte weniger als im Oktober. Sowohl die Konjunktur- und Einkommenserwartungen als auch die Anschaffungsneigung gingen zurück. Ob sich das Konsumklima in den kommenden Monaten wieder stabilisiert, hängt laut GfK vor allem vom weiteren Verlauf der Pandemie ab.
"Die rasant steigenden Infektionszahlen führen zu Verschärfungen Pandemie-bedingter Einschränkungen. Zudem steigt die Furcht vor einem weiteren Lockdown, sollte das Infektionsgeschehen in den kommenden Wintermonaten außer Kontrolle geraten", erklärte Rolf Bürkl, GfK-Konsumexperte, zu der Prognose. "Die zum Teil kräftige Erholung der Stimmung vom Frühsommer dieses Jahres ist damit zum Stillstand gekommen und lässt das Konsumklima wieder abrutschen." Dazu habe auch eine im Oktober steigende Sparneigung beigetragen.
hb/bea (rtr,dpa,afp)