Worum geht es bei der UN Klimakonferenz in Dubai?
30. November 2023Der jährliche Weltklimagipfel hat begonnen, die ölreichen Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) sind in diesem Jahr Gastgeber der Gespräche. Die Wahl des Ölstaats als Ausrichter für die 28. Klimaverhandlungen ist umstritten, ebenso wie die Entscheidung, Sultan al Jabar, den Minister für Industrie und Hochtechnologie der Vereinigten Arabischen Emirate und CEO der Abu Dhabi National Oil Company, zum Vorsitzenden der Verhandlungen zu ernennen.
Während die Staats- und Regierungschefs der Welt die Ernennung des Öl-Managers begrüßten, der US-Klimabeauftragte John Kerry nannte ihn eine "großartige Wahl", zeigten sich viele Politiker und Umweltgruppen empört. Mehr als 130 EU- und US-Parlamentarier unterzeichneten einen öffentlichen Brief, in dem es heißt, dass seine Präsidentschaft "die Verhandlungen zu untergraben droht". Die Verhandlungen auf den Klimagipfeln seien schon schwierig genug, ohne dass "ein Manager eines Ölkonzerns am Ruder steht", schreiben sie. Denn teilnehmenden Regierungen hätten Schwierigkeiten, einen Konsens zu erzielen und nationale Interessen mit Klimaschutzmaßnahmen in Einklang zu bringen.
Die Themen der COP28 reichen von der Bekämpfung der Emissionen in der Landwirtschaft über die Ernährungssicherheit bis hin zu Möglichkeiten, wie sich die Länder an Wetterextreme anpassen können, während die Menschheit den Planeten durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe weiter aufheizt. Drei Schlüsselthemen werden die Gespräche dominieren: die Klimafinanzierung für gefährdete Länder, die Aufstockung der Zusagen zur Emissionssenkung und der Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe.
Wie geht es weiter mit dem Fonds für Schäden und Verluste?
Ein Fonds für "Loss and Damage", also Schäden und Verluste die in einkommensschwachen Ländern entstehen, die von extremen Wetterereignissen betroffen sind, wurde von den reichen Industrienationen, die viele Treibhausgase ausstoßen, lange Zeit abgelehnt. Sie fürchteten, riesige Geldsummen dafür aufbringen zu müssen. Eine Studie aus dem Jahr 2018 schätzt, dass die Schäden durch den Klimawandel die gefährdeten Länder allein bis zum Jahr 2030 zwischen 290 und 580 Milliarden Dollar kosten könnten.
Harjeet Singh, Leiter der Abteilung für globale politische Strategie beim Climate Action Network (CAN) mit Sitz in Bonn, betont im Gespräch mit der DW, dass die Entwicklungsländer, die am stärksten von den Folgen der Erderwärmung betroffen sind, nur wenig zum Klimawandel beigetragen haben. "Wer trägt die meiste Verantwortung?", fragt Singh, "Es sind die reichen Länder, die fast 80 Prozent der Treibhausgasemissionen in die Atmosphäre geblasen haben, die für die Klimakrise verantwortlich sind ."
Auf dem Klimagipfel COP27 im vergangenen Jahr hatten die Delegierten einen wichtigen Durchbruch erreicht, als sie sich für die Einrichtung eines Fonds entschieden, der den Entwicklungsländern beim Wiederaufbau nach Wetterkatastrophen helfen soll.
In diesem Jahr müssen sich die Delegierten auf die heiklen Punkte dazu einigen, etwa welche Länder Zugang zu dem Fonds haben werden, wer in welcher Höhe zahlen wird und welche Organisation den Fonds verwalten soll. Im Vorfeld der Gespräche darüber hat ein Übergangsausschuss aus Vertretern von Entwicklungs- und Industrieländern Empfehlungen zur Beantwortung dieser Fragen ausgearbeitet. Die heftig geführten Verhandlungen scheiterten mehrmals, bevor eine vorläufige Einigung erzielt werden konnte.
Das Gremium schlug vor, den Fonds vorerst bei der Weltbank anzusiedeln. Dies wird von den Entwicklungsländern als großes Zugeständnis ihrerseits angesehen, denn sie befürchten, dass die Institution den reicheren Ländern mehr Einfluss gibt. Der Ausschuss empfahl auch, die Zahlungen nicht rechtsverbindlich zu machen, was ein weiterer wichtiger Streitpunkt war. Stattdessen "drängt" er die Industrieländer lediglich dazu, einen Beitrag zum Fonds zu leisten.
"Wir sind als Zivilgesellschaft äußerst besorgt, weil wir diese Empfehlungen nicht sehr überzeugend finden, insbesondere die Verpflichtung der Industrieländer, für die Verluste und Schäden aufzukommen", erklärt Singh.
Wie die Klimazusagen der Länder nachverfolgt werden
Im Jahr 2015 unterzeichneten fast 200 Regierungen das historische Pariser Klimaabkommen. Der rechtsverbindliche internationale Vertrag hat das Ziel, den globalen Temperaturanstieg auf deutlich unter 2 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Die globale Durchschnittstemperatur ist bisher bereits um 1,2 Grad Celsius angestiegen.
In diesem Jahr wird auf der COP erstmals eine "globale Bestandsaufnahme" (global stocktake), also eine Überprüfung der Fortschritte der einzelnen Länder bei der Senkung der Emissionen stattfinden. "Es geht um das, was schon erreicht wurde, wo die Lücken sind, und was noch zu tun ist. " erklärt Singh. "Es ist ein Prozess, der auf wissenschaftliche Erkenntnisse reagiert." Die Bestandsaufnahme, die 2021 begann, umfasst die Analyse der nationalen Klimapläne aller Staaten, ihre Emissionsreduzierung und Anpassungsmaßnahmen.
Die Auswertung wurde bereits im September veröffentlich, mit einer deutlichen Warnung an die Delegierten der Klimakonferenz: Die Staaten seien weit entfernt von ihren Klimazielen und der verbleibende Zeitrahmen für die Sicherung eines "lebenswerten Planeten" schließe sich rasch. Auf der COP28 müssten Staaten und Unternehmen ihre Anstrengungen verstärken, um eine rasche Dekarbonisierung zu erreichen, so der Bericht. Eine ehrgeizigere Emissionssenkung wird also ganz oben auf der Tagesordnung stehen.
Wird der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen verbindlich ?
Obwohl seit langem bekannt ist, dass der Klimawandel durch die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas verursacht wird, haben viele Regierungen nicht die Absicht, damit aufzuhören. Einem neuen UN-Bericht zufolge planen die Erdölstaaten sogar enorme Erweiterungen, die "das Kohlenstoffbudget der Welt sprengen und die Zukunft der Menschheit in Frage stellen würden."
Tatsächlich habe sich die COP-Delegierten in ihren Abschlusserklärungen nie offiziell dazu verpflichtet, die Nutzung fossiler Brennstoffe zu beenden. Erst auf der COP26 in Glasgow im Jahr 2021 wurde ein fossiler Brennstoff in den offiziellen Beschlüssen erwähnt: die Kohle. So heißt es, die Nutzung von Kohle solle "schrittweise reduziert" werden. Auf die Erwähnung eines "vollständigen Kohleausstiegs" konnte man sich jedoch nicht einigen.
Die Menge der verbrannten Kohle stieg trotz dieser Zusage weiter an. Bei den Verhandlungen im letzten Jahr versäumten es die Delegierten, einen Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen zu fordern, obwohl sich eine Koalition aus 80 Ländern dafür einsetzte.
Angesichts der Empfehlungen aus der globalen Bestandsaufnahme haben Klimaschutzorganisationen jedoch Hoffnung, dass der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen diesmal auf die Tagesordnung der COP28 gesetzt wird. Denn der Bericht fordert einen "Ausbau der erneuerbaren Energien bei gleichzeitigem Ausstieg aus allen herkömmlichen fossilen Brennstoffen".
Romain Ioualalen von der Lobbyorganisation Oil Change International meint, der Bericht zeige, wie sehr sich das Blatt in dieser Frage gewendet habe.
"Noch vor wenigen Jahren war eine Entscheidung über den Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe auf der COP aufgrund des Einflusses der Öl und Gas produzierenden Länder undenkbar", sagt er.
Die Glaubwürdigkeit des Klimagipfels steht auf dem Spiel
Der Vorstoß für einen Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe wird auf dem Gipfel wahrscheinlich auf heftigen Widerstand von Öl- und Gasproduzenten wie dem Gastgeberland stoßen. Mariam Almheiri, die Klimaministerin der Vereinigten Arabischen Emirate, sagte der Nachrichtenagentur Reuters, dass ein solcher Schritt den Erzeugerländern, die von den Einnahmen aus fossilen Brennstoffen abhängig sind, schaden würde.
Sich nicht auf einen Ausstieg zu einigen, würde der Glaubwürdigkeit des Gipfels schaden, sagt dagegen Ioualalen. "Die Menschen werden fragen, warum wir uns überhaupt noch treffen, wenn wir keine Einigung zu der Ursache des Problems finden können, das wir zu lösen versuchen", meint er. "Das würde der Öl- und Gasindustrie signalisieren, dass es den Regierungen mit der Transformation nicht ernst ist."
Trotz der Probleme glauben Ioualalen und andere Klimaaktivisten, dass sich der Weltklimagipfel lohnt. "Es gibt kein anderes Verfahren in der Welt der Diplomatie, bei dem ein Land mit nur 50.000 oder 100.000 Einwohnern den Vereinigten Staaten und China die Stirn bieten und sie für ihren mangelnden Ehrgeiz in Sachen Klimawandel anklagen kann. "Es ist zwar nicht perfekt, aber trotzdem sehr wertvoll."
Redaktion: Tamsin Walker
Adaption aus dem Englischen: Anke Rasper