1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Bloß nicht vom Klima-Ziel abbringen lassen

16. November 2016

Selten waren sich die Staaten der Vereinten Nationen so einig wie auf der Klimakonferenz in Marrakesch. Auch beim Thema Donald Trump. Notfalls fährt das Schiff ohne die USA weiter. Aus Marrakesch Jens Thurau.

https://p.dw.com/p/2Smp7
Marrakesch - COP22 Malerei eines Polarbärs
Bild: L. Osborne

John Kerry ist ein gern gesehener Gast auf UN-Klimakonferenzen. Im vergangenen Jahr, beim erfolgreichen Pariser Treffen, half der Noch-US-Außenminister mit, den neuen Klimavertrag Wirklichkeit werden zu lassen. Auch nach Marrakesch ist er gekommen, obwohl er bald nicht mehr im Amt sein wird. Und hält ein leidenschaftliches Plädoyer dafür, dass sein Land die internationale Klima-Bühne nicht verlassen darf: "Die überwältigende Mehrheit der Amerikaner will, dass wir die Ziele des Pariser Klimavertrags auch erfüllen", ruft er in den Saal. Und wird dafür gefeiert.

Wilde Gerüchte um die USA

Aber die US-Wahl vor einer Woche hat Donald Trump gewonnen, und der hält gar nichts vom Klimaschutz. Seine Berater suchen einen Weg, den Pariser Klimavertrag zu verlassen, ist aus Washington zu hören. Gerüchte lauten, noch während der Konferenz in Marokko werde Trump aus den USA dazu Stellung nehmen. Andere meinen, er werde gleich die Klimarahmenkonvention von 1992 aufkündigen, auf der alle UN-Klimabeschlüsse basieren. So genau weiß das keiner. Aber fest steht, so Jochen Flasbarth, Staatssekretär im deutschen Umweltministerium: "Wir müssen uns darauf einstellen, dass die USA nicht mehr die treibende Kraft der vergangenen Jahre sein werden."

Bundestag Barbara Hendricks
Umweltministerin Barbara Hendricks sieht Europa in einer neuen Rolle beim KlimaschutzBild: picture-alliance/dpa/G. Fischer

Umweltministerin Barbara Hendricks sieht vor allem Europa und damit auch Deutschland in der Rolle, quasi für die USA einzuspringen. Am Mittwoch hält sie eine kurze Rede im Plenum der Klimakonferenz: "Wir müssen den Worten des Übereinkommens nun Taten folgen lassen. Und dies ist mindestens so ambitioniert wie das Zustandekommen des Abkommens selbst." Das hat Hendricks am eigenen Leib erfahren: Ihr nationaler Klimaschutzplan, der deutsche Beitrag zum Paris-Abkommen, wurde von anderen Ministern mehrfach abgeschwächt und erst fertig, als die Ministerin schon in Marrakesch war.

"Fossil of the day" für Deutschland

Die SPD-Politikerin muss einräumen, dass es schwierig werden kann, das deutsche Ziel (minus 40 Prozent an Treibhausgasen) bis 2020 zu erreichen. Es ist möglich, aber schwierig. Sogar den Titel "fossil of the day", einen wenig ruhmreichen Preis der Umweltgruppen, der auf der Konferenz täglich an einen Klimasünder-Staat verliehen wird, hat Deutschland in Marrakesch schon bekommen wegen seines lauen Klimaplans.

Aber insgesamt ist das deutsche Ansehen auf Klimakonferenzen immer noch hoch. Kleine Gesten tragen dazu bei: Seit 15 Jahren gibt es einen Fonds, mit dem Anpassungsprojekte in den ärmsten Ländern finanziert werden. Der Bedarf beträgt jährlich 100 Millionen Dollar. Aber gerade ist der Topf leer. Deutschland füllt ihn jetzt mit 50 Millionen Euro auf, wie Hendricks am Mittwoch bekannt gibt.

Lob von den Umweltgruppen

Applaus kommt dafür von Klimaschützern wie Sabine Minninger von "Brot für die Welt": "Damit erkennt Deutschland an, dass Menschen in Not bedarfsgerecht unterstützt werden müssen." Der Fonds gilt als unbürokratisch und ist sehr begehrt, weshalb auch Jan Kowalzig von der Umweltgruppe Oxfam die Deutschen lobt: "Die Zusage der Umweltministerin ist hochwillkommen. Andere Länder wie Großbritannien, Frankreich oder Norwegen sollten sich daran ein Beispiel nehmen."

Und viele Delegierte und Journalisten haben von Marrakesch aus schon einen Ausflug gemacht zum bald weltweit größten solarthermischen Kraftwerk in Ouarzazate, 200 Kilometer südlich von Marrakesch. 2,5 Milliarden US-Dollar soll es kosten, ein erster Teil ist schon in Betrieb. Deutschland hilft mit Krediten von über 800 Millionen Dollar. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sagte im DW-Gespräch: "Der afrikanische Kontinent hat hier alles: Sonne, Wasser, Wind. Und wir haben die Technologie und die Innovation. Und dies müssen wir jetzt in gemeinsamer Partnerschaft umsetzen."

Ansonsten ist alles im Plan: Selten waren sich Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer beim Klimaschutz so einig. Wenn nicht die USA wären. Wahrscheinlich geht diese Konferenz am Freitag pünktlich zu Ende. Das wäre dann auch eine Nachricht. Normalerweise gibt es auf Klimakonferenzen am Ende so viele offene Fragen, dass bis Samstag verlängert wird. Das scheint diesmal nicht nötig zu sein.