Afrika hat den Kaffee auf
17. November 2020Der eine trinkt ihn schwarz, der andere mit Milch und Zucker. Unverzichtbar ist er aber für beide: Kaffee. 2019/2020 wurden laut der Internationalen Kaffee Organisation weltweit fast 170 Millionen Säcke produziert.
Doch die Zukunft ist düster. Bald schon könnte die Tasse Kaffee ein unbezahlbarerer Luxus werden. 60 Prozent der wildwachsenden Kaffeearten sind vom Aussterben bedroht, so eine Studie der US-Fachzeitschrift Science Advances. Darunter auch Arabica - eine Sorte, die über die Hälfte der weltweiten Produktion ausmacht.
Des Kaffees größter Feind
Kaffeebauern wie Mercy Njambi aus Kenia spüren schon längst den bedrohlichen Trend: "Was wir heute ernten ist nichts im Vergleich zu vor 10, 20 Jahren", sagt Njambi der DW. Globale Erwärmung, Dürren und Überflutungen, Entwaldung, Krankheiten und Schädlinge sind dafür verantwortlich.
Auch Njambis Kollege Maina Thuku, Vater von zwei Kindern, sorgt sich um seine Existenz. "Der Klimawandel trifft den Kaffee hart, es gibt längere Dürreperioden. Schädlinge bevorzugen diese trockenen und warmen Perioden. Sie kommen auf unsere Farmen und richten großen Schaden an." Sein bitterer Appell: "Überall auf der Welt trinken Menschen Kaffee. Helft uns, denn sonst könnt ihr bald nicht mehr eure Tasse Kaffee genießen."
Ostafrika lebt vom Kaffee
In Afrika bauen etwa 10 Millionen Bauern Kaffee an. Die gesamte Anbaufläche ist rund 2 Millionen Hektar groß. Spitzenreiter sind Äthiopien und Uganda: Sie kommen für über 70 Prozent der gesamten afrikanischen Exporte auf.
Ostafrika gehört zu den Weltregionen, die am besten für den Kaffeeanbau geeignet sind: Im Hochland sind die Temperaturen gemäßigt, die Niederschläge ausreichend, und die Böden fruchtbar.
Die Hälfte weniger
Doch der Klimawandel bedroht dieses begehrte Klima. In einer neuen Studie des World Resources Institute (WRI) heißt es: "Ohne Anpassungsmaßnahmen gehen Experten davon aus, dass der Klimawandel die für den Kaffeeanbau geeigneten Flächen bis 2050 weltweit um rund 50 Prozent reduzieren wird."
Das wird auch für Afrika dramatische Folgen haben. "Hinter dieser Zahl verbirgt sich ein weitaus größeres Problem, nämlich das der Verschiebung", sagt Hauke Engel von der Unternehmensberatung McKinsey zur DW. So würden zwar neue Flächen in anderen Regionen nutzbar, doch Kleinbauern könnten nicht einfach so umziehen. Wichtig sei es, dass Firmen ihre Bauern durch Trainings unterstützten.
Gibt es in 30 Jahren noch Kaffee?
Wie Muthoni Schneidewind. Über ihren Onlineshop Chania Coffee verkauft sie fair gehandelten Kaffee aus Kenia. Schneidewind wuchs in einer Familie von Kaffee-Bauern im Herzen Kenias auf, ihr Vater gehört heute zu ihren Zulieferern. "Ich kann meinen Kunden nicht mehr versprechen, dass sie in 30 Jahren noch Kaffee bei mir kaufen können", so Schneidewind zur DW.
Daher konzentriere sie sich darauf, Lösungen für die Bauern zu finden. "25 Millionen Bauern sind weltweit vom Kaffeeanbau abhängig, wie zum Beispiel mein ganzes Dorf. Es ist unser Vermächtnis und das müssen wir bewahren", betont Schneidewind.
"Wir zeigen den Bauern, wie und wo man den Kaffee am besten anbaut, testen dafür die Erde und geben den Bauern neue Kaffeepflanzen." Außerdem sollen sie auf Mischkulturen setzen, etwa durch den Anbau von Bananen und Nüssen neue Einkommensquellen finden.
Vom Kakao lernen
Auch vom Kakao-Anbau könne man einiges lernen, um den Kaffee vor dem Klimawandel zu retten, sagt, sagt Friedel Hütz-Adams vom Südwind-Institut in Bonn. "Kakao und Kaffee sind relativ empfindlich für Klimaveränderungen, und dem kann ich nur entgegenwirken, wenn ich es schaffe, klimaresistentere Sorten zu züchten" so Hütz-Adams zur DW.
Die Zeit wird knapp
Ohne die Unterstützung von Regierungen und Unternehmen könne der Kaffee nicht gerettet werden, sagt Hütz-Adams. "Da sind Investitionen nötig, denn bis neue Kaffee- oder Kakaopflanzen Früchte tragen, kann es Jahre dauern und Tausende von Dollar kosten."
Das sei für die Kaffeebauern, die oft gerade einmal ihre Familien ernähren könnten, unmöglich. "Wenn wir ein verändertes nachhaltiges Kaffeesystem haben wollen, müssen wir Preise bezahlen, die es den Bauern ermöglichen, die notwendigen Investitionen zu leisten", so Hütz-Adams.
Sollte dies nicht geschehen, wird es in einigen Jahrzehnten keinen Kaffee aus Kenia, Uganda oder Äthiopien mehr geben. Mit fatalen Konsequenzen für Kaffeebauern wie Muthoni Schneidewinds Vater: Sie würden nicht nur ihre Lebensgrundlage verlieren – sondern auch ihr Vermächtnis.