Captain Marvel ist eine Frau
6. März 2019Captain Marvel ist eine Frau, und was für eine. Überall wo die Superheldin des neuesten Kinofilms aus dem Comic-Franchise Marvel auftritt, sprühen Funken, schießen Flammen und fliegen Menschen wie Raketen durch die Luft.
Die Geschichte des neuen Blockbusters aus dem Marvel-Universum ist schnell erzählt: Die Erde ist durch den Kampf zweier Alienrassen, den Kree und den Skrull, bedroht. Carol Danvers (Brie Larson) alias Captain Marvel muss also nicht nur die Erde retten, sondern auch den Konflikt der Kree und Skrull schlichten. "Ich weiß nicht, woher meine Kraft kommt", rätselt Danvers, die keine Waffe braucht, weil sie selbst eine Waffe ist.
Sie kann nämlich fliegen, kosmische Strahlen aufnehmen und damit Energie tanken. Als Luftwaffen-Jagdpilotin, die als Mitglied der außerirdischen Kree-Krieger ausgebildet ist, landet sie mitten in einem intergalaktischen Krieg mit den Skrulls. Um ihre Mission zu erfüllen, arbeitet sie mit Agent Nick Fury (Samuel L. Jackson) - einem bereits bekannten Marvel-Charakter - und mit ihrem vierbeinigen Handlanger "Goose the Cat" zusammen.
Wende im Superhelden-Kino?
Erst im Frühjahr 2018 kam"Black Panther" in die Kinos, der erste Marvel-Film mit einem schwarzen Titelhelden und überhaupt der erste Film des Studios, in dem nicht ein weißer, muskelbepackter Mann im Mittelpunkt stand.
Der Film gilt inzwischen als Epochenwende, weil die Helden und Feinde fast alle schwarz sind. Superhelden-Filme, das zeigt sich am Beispiel von "Black Panther", haben eine prägende gesellschaftliche Bedeutung. Sie können Debatten hervorrufen und auch beeinflussen.
Starke Frauen als Identitätsfiguren
Wird Marvels erste eigenständige Superheldin für junge Zuschauerinnen das gleiche Erlebnis bieten können, wie Black Panther 2018 für die schwarze Bevölkerung? Kann eine Schauspieler-Existenz zum Vorbild für reales Verhalten werden? "Ich konnte mich weiter entwickeln, als ich es je für möglich gehalten hätte", sagte Brie Larson bei der Premiere des Films am Montagabend (04.03.2019) in Los Angeles.
Larson, die 2016 für ihre Rolle in "Room" mit einem Oscar ausgezeichnet wurde, ist bisher vor allem durch ihre Arbeit und Rollen in unabhängigen Filmproduktionen und für ihr feministisches Engagement bekannt. Um die Airforce-Pilotin Danvers zu spielen, absolvierte Larson neun Monate lang ein rigoroses Fitnesstraining. Und flog in einem Kampfjet der US-Luftwaffe mit, um diese Extremsituation real mit zu erleben.
Die Filmfigur Carol Danvers ist stark, mutig und zäh. Die feministische Botschaft des Films, der von den Regisseuren Anna Boden und Ryan Fleck gedreht wurde, lautet: Frauen haben Männern nichts zu beweisen .
Warum kommt Captain Marvel erst jetzt?
Kevin Feige, US-amerikanischer Filmproduzent, der vor allem Marvel-Comic-Verfilmungen produziert hat, sagte in einem Interview mit dem US-Unterhaltungsblatt "Entertainment Weekly", dass es "viele Gründe gibt", warum dieser Film bisher nicht gedreht wurde. "Nicht zuletzt kämpfte er viele Jahre lang gegen die irrige Vorstellung, dass das Publikum wegen einer Reihe von Filmen vor 15 Jahren, die nicht funktionierten, keine Heldin mehr sehen wollte", erklärte er. Dabei habe es - späte Einsicht - schlicht damit zu tun, dass es "keine besonders guten Filme waren".
#MeToo verlangt nach weiblichen starken Rollen in Blockbustern
Von den wenigen Superheldenfilmen, die bisher mit weiblicher Hauptdarstellerin gedreht wurden, endeten viele als Flops. Beispiele sind: Jennifer Garner's "Elektra" (2005) und Halle Berry's "Catwoman" (2004). Wohl auch deshalb versuchte Marvel mehr als ein Jahrzehnt lang, seine weiblichen Charaktere in Nebenrollen zu verstecken, wie z.B. Avengers-Mitglied Black Widow, das ab 2012 von Scarlett Johansson gespielt wurde.
Auf der Suche nach einer neuen weiblichen Hauptrolle und als Reaktion auf die #MeToo-Bewegung entschied sich die Disney-Tochter Marvel dafür, stärkere weibliche Charakteren vor die Kamera zu holen. Aber auch der Soundtrack sorgt für höhere weibliche Präsenz auf der Kinoleinwand: Er stammt von "Garbage", "Hole" und "No Doubt" - Bands, die größtenteils von Musikerinnen besetzt sind.
Netzkampagnen gegen Frauen im Film
Einen Tag nach der Premiere in Hollywood sind sich die Kritiker überwiegend einig, dass es sich bei "Captain Marvel" um einen gelungenen Film handelt. Auf der US-amerikanischen Kritikerseite "Rotten Tomatoes" gaben mehr als 80 Prozent der Rezensenten positive Bewertungen ab.
Dass Filme mit Frauen in einer Hauptrolle so gute Kritiken bekommen, ist aber eher die Ausnahme. Oft genug kommt es zu "Review-Bombings", massenhaften Wut-Bewertungen, die sich an der weiblichen Besetzung abarbeiten. Das passiert manchmal, bevor der Film angelaufen ist und die Zuschauer den Film überhaupt gesehen hat. Auch Blockbuster, wie das Remake von "Ghostbusters" im Jahr 2016 oder der Film "Ocean's 8" wurden Opfer solcher "Review-Bombings".
Damit soll jetzt Schluss sein. "Rotten Tomatoes" hat am 25. Februar 2019 eingeführt, dass Kritiken erst nach dem offiziellen Filmstart gepostet werden können. Auch die Kommentarfunktion ist erst nach dem Start des Films freigeschaltet.
Mit ihrer Entscheidung hat sich "Rotten Tomatoes" selbst einen Shitstorm zugezogen. Auf der Videoplattform Youtube posteten User Tausende von Hasskommentaren, in denen sie den "Rotten Tomatoes"-Betreibern unterstellen, Brie Larson zu protegieren.
Die Darstellerin der Hauptfigur Carol Danvers alias Captain Marvel wurde schon nach der Veröffentlichung des Kinotrailers mit absurden Kommentaren überzogen. Es gab Beschwerden, sie "lächle" nicht genug. Brie Larson antwortete darauf gelassen: genau diese Art der Kommentare würden diesen Film mit einer echten Superheldin so wichtig machen.