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Kino zum Lesen: Deutsche Selbstbilder

Jochen Kürten8. April 2013

Wie das Kino mit politischen Umbrüchen umging. Und was das über den Zustand der Gesellschaft erzählt, beschreibt ein neues Filmbuch.

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Filmausschnitt "Good Bye Lenin!" c: picture-alliance/dpa
Filmszene Good Bye LeninBild: picture-alliance/dpa

Gerade in diesen Tagen ist es gut, sich der Geschichte des deutschen Films zu erinnern. Der publizistische Hype um den aktuellen Dreiteiler "Unsere Mütter, unsere Väter", den wir in den letzen Wochen erlebten, war immens groß. Dabei ging es nicht nur um die ästhetische Qualität des Films und seine inhaltliche Akzentuierung. Es wird, in ein paar Jahren, auch als Episode medialer Erregung in Erinnerung bleiben. Der vor kurzem erschienene Band "Deutsche Selbstbilder in den Medien. Film 1945 bis zur Gegenwart" zeigt, dass es derartige Filmereignisse schon öfters gegeben hat. Insofern lohnt die Lektüre des Bandes, in dem sich die Autoren fundiert mit politisch-historischen Filmen und Fernsehstücken in gesellschaftlichen Zusammenhängen beschäftigt haben, derzeit besonders.

Dem Herausgeber Martin Nies geht es unter anderem darum aufzuzeigen, "dass Filme, wie jedes medial überlieferte Produkt, als kulturelle Speicher fungieren, deren semiotische Konstrukte in zeittypische Diskurse eingebunden sind, und die damit Zeugnis davon ablegen, wie in der Kultur, die sie hervorgebracht hat, gedacht wurde." Nies und seine Mitautoren, überwiegend Medienwissenschaftler einer nachwachsenden Generation, untersuchen einzelne Filme, die stellvertretend für eine bestimmte Strömung stehen.

"Good Bye Lenin" (unser Bild) etwa wird im Zusammenhang mit anderen Filmen über die deutsch-deutsche Wende betrachtet. Kapitel über Trümmer-, Heimat- und Wirtschaftwunderfilme stehen für das frühe bundesrepublikanische Kino. "Deutschland im Herbst" wird als Beispiel für jene Werke analysiert, die den "Deutschen Herbst" auch ins Kino brachten. Ein Kapitel über "Migrationsfilme" untersucht neuere Werke zum Thema "Multikulti" Im längsten Kapitel des Buches geht es um den auch ästhetisch revolutionären "Heimat"-Zyklus von Edgar Reitz. Gegenüber dem medialen Gewitter, das damals ausbrach, ist die derzeitige Diskussion um "Unsere Mütter, unsere Väter" gerade mal ein Sturm im Wasserglas.

Martin Nies (Hrsg.): "Deutsche Selbstbilder in den Medien. Film 1945 bis zur Gegenwar", Band 4 der Reihe "Schriften zur Kultur- und Mediensemiotik", Schüren Verlag, 252 Seiten, ISBN 978-3-89472-741-3.