Kinderschänder will auf freien Fuß
4. Februar 2013Für Beratung des Gerichts in Brüssel gelten schärfste Sicherheitsvorkehrungen. Wie es heißt, könne sich die Anhörung hinter verschlossenen Türen bis in den Abend hinziehen. Ob Dutroux selbst dabei sein wird, ist nicht bekannt. Er kann sich bis zur letzten Minute entscheiden. Ein Beschluss zu seinem Antrag oder seine Freilassung noch am selben Tag ist ausgeschlossen. Bis zur endgültigen Entscheidung darüber kann es noch Wochen dauern.
Der pädophile Serientäter ist der meistgehasste Verbrecher Belgiens. Das Land hatte damals unter Schock gestanden, als die Details über seine Verbrechen bekannt wurden. Hunderttausende Menschen gingen damals empört auf die Straße.
Vier seiner sechs Opfer waren gestorben. Die lebenslange Haft, zu der Dutroux 2004 verurteilt wurde, will er nicht absitzen. Mit einer elektronischen Fußfessel will er vorzeitig frei kommen.
Bereits 1989 war der Sohn eines Lehrer-Ehepaares wegen der Entführung und Vergewaltigung minderjähriger Mädchen zu 13 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Doch schon drei Jahre später kam er wieder auf freien Fuß.
1995 begann er mit jenen Entführungen, Folterungen und Vergewaltigungen, von denen vier tödlich endeten und die zu seiner Verurteilung 2004 führten. Mit Unterstützung seiner Ehefrau sperrte er die Kinder in ein enges Kellerverlies. Dass er 1998 aus einem Justizgebäude zu fliehen versuchte, trug ihm weitere fünf Jahre Haft ein.
Aus all diesen Strafen errechneten Juristen, dass Dutroux von April 2013 an freigelassen werden könnte. Bislang erlaubte das belgische Recht "Lebenslänglichen" den ersten Antrag auf Freilassung nach zehn Jahren Haft, bei Wiederholungstätern nach 16 Jahren.
Vor vier Tagen beschloss das Parlament ein neues Gesetz, allerdings ohne rückwirkende Gültigkeit. Die Frist für den Freilassungsantrag wird auf 15 beziehungsweise 23 Jahre erhöht.
Das neue Gesetz ist eine Reaktion auf den öffentlichen Aufschrei, den die Freilassung der damaligen Dutroux-Ehefrau, Michelle Martin, hervorrief. Die 52-Jährige war ebenfalls 2004 wegen Mittäterschaft zu 30 Jahren Haft verurteilt worden und bereits im vergangenen Sommer freigekommen.
Damit Dutroux freikommt, müssen Gutachten der Gefängnisleitung und Psychologen bescheinigen, dass von ihm keine Gefahr mehr ausgeht. Vor der Entscheidung müssen die Opfer entschädigt werden, wobei niemand weiß, wie das geschehen soll.
Die Familie eines der Mädchen, die von ihm grausam zu Tode gequält worden waren, hat bereits Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht. Sie bemängelt, dass die Opfer nicht zur Freilassung eines Täters befragt werden. Aus ihrer Sicht verstoße das gegen die Europäische Menschenrechtskonvention.
uh/wl (dpa,afp)