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"Keine Rechtfertigung"

Daniel Scheschkewitz, Washington D.C.13. Mai 2004

Entsetzen war die internationale Reaktion auf die Enthauptung des US-Bürgers Berg vor laufender Kamera im Irak. Auch die Diskussion um den Folterskandal wird davon beeinflusst.

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Makaberes Posieren kurz vor dem MordBild: AP

Das Video von der Enthauptung Nick Bergs hat in den USA tiefe Bestürzung und Abscheu ausgelöst. Ein Videomitschnitt über die Enthauptung des 26-Jährigen war am Dienstag im Internet aufgetaucht. Darin bezeichnen die Mörder Bergs, die sich als Angehörige der Gruppe um den El-Kaida-Terroristen el Sarkawi identifizieren, seine Enthauptung als "partielle Vergeltung" für die Misshandlung irakischer Gefangener durch US-Soldaten im Abu Ghoreib-Gefägnis in Bagdad.

An Bergs Wohnort, in den Vorstädten von Philadelphia, versammelten sich zahlreiche Menschen, um eine Nachtwache für den Toten zu halten. Nick Berg, den Freunde und Nachbarn als liebenswerten Philanthropen beschreiben, hielt sich im Irak auf, um Funktürme für Fernmeldeeinrichtungen zu bauen. Nicks Vater, Michael Berg: "Er wollte an Etwas teilnehmen, das wichtig ist. Er hat die Militärpräsenz der amerikanischen Truppen und die gesamte Irakpolitik der Regierung unterstützt. Er wollte dort helfen und zwar auf eine Art und Weise, die aufbaut und nicht zerstört."

Vorwürfe der Familie

Die Familie warf den US-Streitkräften ebenso wie Bush vor, eine Mitschuld am Tod von Nick Berg zu tragen. Dessen Vater Michael Berg erklärte, sein Sohn hätte längst wieder zu Hause sein können, wäre er nicht in Mossul von irakischen Polizisten festgenommen und dann 13 Tage in US-Gewahrsam gehalten worden. Erst nach einer Klage der Familie vor einem Gericht in Pennsylvania sei er am 6. April freigelassen worden.

In dem Video stellen die Mörder Bergs die Behauptung auf, seine Hinrichtung sei erfolgt, weil die US-Regierung einen Austausch von irakischen Gefangenen aus dem Abu Ghoreib-Gefängnis gegen Berg abgelehnt hätte. Dies wurde vom Weißen Haus am Mittwoch (12.5.) dementiert.

"Wenige, die den Vormarsch der Freiheit aufhalten wollen"

US-Präsident George W. Bush hat die Enthauptung als bar jeder Rechtfertigung verurteilt. Er bekräftigte, dass sich die USA durch die Tat nicht in ihrer Aufgabe im Irak beirren lassen werden. "Es gibt keine Rechtfertigung für die brutale Hinrichtung von Nicholas Berg, keine wie auch immer geartete Rechtfertigung", sagte er auf dem Rasen vor dem Weißen Haus vor Journalisten. Die Täter gehörten "zu den wenigen, die den Vormarsch der Freiheit im Irak aufhalten wollen." Der britische Premierminister Tony Blair verurteilte die Tötung am Mittwoch als "wahrhaft barbarischen Akt". UN-Generalsekretär Kofi Annan sprach von einem "grauenhaften Mord". Bundesaußenminister Joschka Fischer nannte die Ermordung am Mittwoch nach einem Treffen mit US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice im Weißen Haus einen "kaltblütigen, barbarischen Akt". Fischer erneuerte auch seine Verurteilung der Folterung irakischer Häftlinge und forderte eine "rückhaltlose Aufklärung" der Vorfälle.

Bilder unter Verschluss

Das Video von Nick Bergs Enthauptung hat auch die amerikanische Debatte über den Folterskandal in US-Militärgefängnissen im Irak beeinflusst. Sprachen sich bis gestern vor allem demokratische Senatoren für eine Veröffentlichung aller bisher unveröffentlichten Fotos und Videoaufnahmen über die Misshandlungen im Irak aus, so gibt man nun zu Bedenken, eine solche Veröffentlichung könne weitere amerikanische Menschleben in der Region gefährden. Die Senatoren ebenso wie die Abgeordneten des Repräsentantenhauses konnten das zuletzt aufgetauchte Film- und Bildmaterial am Mittwoch drei Stunden lang betrachten. Zur Entscheidung, diese Dokumente vorerst unter Verschluss zu halten, sagte Vizepräsident Dick Cheney, sie würden nur die Sensationsgier der Medien bedienen und die internationale Empörung weiter schüren.

Möglicherweise nicht zufällig hat das Pentagon außerdem in diesen Tagen damit begonnen, die Zahl getöteter Iraker bei den Kampfhandlungen im Lande zu veröffentlichen. Bislang hatte das US-Verteidigungsministerium die Bekanntgabe irakischer Todeszahlen stets abgelehnt.