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Politik

Keine Kritik stoppt Gabuns Präsident Bongo

Christine Harjes
26. September 2016

Die EU hat die Gerichtsentscheidung zum Wahlsieg von Ali Bongo in Gabun scharf kritisiert. Der Präsident reagiert verärgert: Er verbittet sich jede Einmischung in die Angelegenheiten des Landes.

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Gabun Wahl Ali Bongo Libreville
Bongo trotzt Kritik auch im Inland: "Ali, der Dieb"Bild: Reuters/M. T. Henriquez

Ali Bongo solle am Dienstag für seine zweite Amtszeit vereidigt werden, gab sein Büro am Montag bekannt. Damit liegen weitere sieben Jahre als Präsident des zentralafrikanischen Landes Gabun vor ihm.

Amtsinhaber Ali Bongo habe die Abstimmung um das Präsidentenamt knapp mit 50,66 Prozent der Stimmen gewonnen, auf den Herausforderer Jean Ping seien 47,24 Prozent der Stimmen entfallen. Das Verfassungsgericht bestätigte damit das Ergebnis der Wahlkommission. Demnach hatte Bongo nur 11.000 Stimmen Vorsprung vor Ping. In Teilergebnissen war vorher von weniger als 6000 Stimmen Unterschied die Rede gewesen. Dabei soll die Wahlbeteiligung in Bongos Heimatprovinz bei 99,93 Prozent gelegen haben - mehr als 95 Prozent sollen dabei an Ali Bongo gegangen sein.

Oppositionsführer Jean Ping hatte eine Neuauszählung der Stimmen gefordert. Er sprach nach dem Urteil des Verfassungsgerichts von einem "Justizversagen" und beanspruchte den Sieg weiter für sich. Mit dieser Entscheidung habe das Verfassungsgericht den Gabunern das Recht zur Wahl des Präsidenten entzogen. "Die Gabuner erkennen ihren Willen in dem Ergebnis nicht wieder", sagte Ping.

Kein Posten für Ping

Die EU fordert nun eine "friedliche und gerechte Lösung" des Konflikts zwischen Wahlsieger Ali Bongo und Herausforderer Jean Ping. Wie diese Lösung konkret aussehen könne, sei aber unklar, sagt Andreas Mehler, Leiter des Arnold-Bergstraesser-Instituts in Freiburg. Jean Ping habe den Preis für eine Einigung in die Höhe getrieben, indem er das Wahlergebnis nicht akzeptiert habe. Er könne nun kein Angebot mehr von Bongo annehmen. "Über eine Vizepräsidentschaft sind wir hinaus. Und das ist ja fast das Einzige, was Bongo auf den Tisch legen könnte."

Andreas Mehler GIGA Hamburg
Andreas MehlerBild: GIGA

Gabun-Expertin Kamissa Camara glaubt ohnehin nicht, dass sich Ping mit einem hohen Posten zufrieden geben könnte: "Ping hatte sein ganzes Leben lang hohe Posten inne, mir fällt keine Position ein, die ihn jetzt versöhnen könnte", sagt  Camara, die an der US-NRO National Endowment for Democracy (NED) zu Demokratisierung forscht.

Gabun als Nebenschauplatz?

Wahlbeobachter der Europäischen Union bescheinigen dem zentralafrikanischen Land eine "große Schwäche des Wahlsystems". Sie bemängeln "eindeutige Auffälligkeiten" beim Wahlergebnis, die nicht richtig gestellt werden konnten. Die EU spricht hier eine ungewöhnlich deutliche Sprache. Das ist nicht immer so. Gerade in letzter Zeit habe es nach Wahlen in Afrika viel Grund für Kritik gegeben, sagt Mehler und nennt Burundi, Kongo-Brazzaville und den Tschad.  "Im Tschad haben europäische Regierungen geduldet, dass ein deutlich repressiveres Regime als das in Gabun die Wahlen zur Farce macht." Der Grund: "Die EU glaubt, den Tschad im Kampf gegen den Terrorismus zu brauchen." Gabun habe nicht den gleichen Stellenwert wie der Tschad und deshalb könne es sein, dass die EU und Frankreich nun härter durchgriffen. Dabei gehe es gar nicht in erster Linie um Gabun, sondern vielmehr um Länder wie die Demokratische Republik Kongo, wo Präsident Joseph Kabila gerade mit allen Mittel versucht, sich an der Macht zu halten: "Die EU und Frankreich wollen zeigen, dass man es doch ernst meint mit den eigenen Prinzipien."

Zwischen der EU und Gabun gebe es zahlreiche bilaterale Abkommen, erklärt Mehler. Gabun sei ein interessanter Partner, wenn es um Umweltfragen, Klimawandel und den Schutz des Tropenholzes gehe. "In der Vergangenheit hat man sich gegenseitig ernst genommen. Das könnte jetzt deutlich schwieriger werden", vermutet Mehler. Auch wenn Ali Bongo nichts auf die Kritik der EU zu geben scheint - für das Bongo-Regime wäre es problematisch, wenn es seinen diplomatischen Einfluss verliere, sagt Mehler. Kamissa Camara glaubt indes nicht, dass sich die Regierung von der EU-Kritik beirren lassen wird. Die EU und Frankreich würden als ehemalige Kolonialherren wahrgenommen, die versuchten, ihren Einfluss auf afrikanische Staaten geltend zu machen: "Was auch immer die sagen, es spielt keine Rolle."

Nervöser Bongo, unberechenbarer Ping

Nach der Entscheidung des Verfassungsgerichts hat Bongo die Opposition zum Dialog aufgerufen. Alle politisch Verantwortlichen und die unterlegenen Kandidaten sollten jetzt mit ihm zusammenarbeiten, "getrieben vom Wunsch, die Interessen des Landes den persönlichen und den Parteiinteressen voranzustellen", forderte der Präsident.

Gabun Wahl Stimmabgabe Jean Ping
Oppositionsführer Jean PingBild: Reuters/E.W. Obangome

Andreas Mehler glaubt aber nicht an einen Dialog im Interesse der Nation. Er hält sogar einen Militärputsch für möglich. Schließlich verfüge Jean Ping als Ex-Präsident der Kommission der Afrikanischen Union über hervorragende Kontakte ins Ausland, außerdem habe er familiäre Verbindungen in die gesamte gabunische Elite. Jahrelang hatte der Herausforderer von Ali Bongo dessen Vater, Omar Bongo, als Minister auf verschiedenen Posten gedient - zuletzt als Außenminister von 1998 bis 2008. "Ali Bongo ist extrem nervös", sagt Mehler. "Das kann eigentlich nur dazu führen, dass er bürgerliche Freiheiten weiter einschränkt."

Er rechne mit einer spannungsreichen Zeit, in der das Regime Bongo immer autoritärer agiere, während die  Opposition versuchen könne, über das Militär mehr Gewicht zu bekommen. Bereits bei Verkündung der ersten Ergebnisse Ende August kam es zu tagelanger Gewalt: Demonstranten setzten das Parlament in Brand, die Polizei verhaftete mehr als 1000 Menschen. Die Opposition sprach von mehr als 50 Toten. Dass es jetzt ruhig geblieben sei, liege schlicht an den Sicherheitsvorkehrungen der Regierung, glaubt Kamissa Camara. Und Jean Ping? Für den könnte das Spiel jetzt vorbei sein, sagt die Gabun-Expertin: "Vielleicht schreibt er ja ein Buch."

Mitarbeit: Gérauds Wilfried Obangome