"Der Frieden hängt vom Präsidenten ab"
18. November 2020Normalerweise gehe es den Entführern um Geld, berichtet der 90-jährige Kardinal Tumi im Interview mit der Deutschen Welle. Jedoch nicht bei ihm. "Sie sagten, sie wollten von mir Informationen über die Regierung. Ich bin kein Mitglied der Regierungspartei. Sie haben also nicht viel von mir bekommen."
Am 5. November war der emeritierte Erzbischof im Nordwesten Kameruns zusammen mit etwa 12 anderen Personen entführt worden. Darunter auch der "König von Kumbo", ein traditioneller Herrscher, der vor vier Jahren aus seinem Heimatdorf geflohen war. Nach einer Nacht in Gefangenschaft wurde Tumi wieder freigelassen, wie das Nachrichtenportal des Vatikans, Vatikan News, mitteilt.
Kern des Konflikts
Nach Medienberichten sollen Separatisten für die Tat verantwortlich sein. Hintergrund ist der anhaltende Konflikt zwischen dem mehrheitlich französischsprachigen Teil Kameruns und der anglophonen Minderheit. Die Bewohner der zwei englischsprachigen Regionen im Westen des Landes fühlen sich seit Jahren gegenüber der französischsprachigen Mehrheit benachteiligt.
2016 befeuerten Pläne der Zentralregierung, das Schul- und Justizsystem zu frankophonisieren, die Proteste. Sie entwickelten sich zu einer Unabhängigkeitsbewegung. Vor drei Jahren erklärten die beiden englischsprachigen Provinzen symbolisch ihre Unabhängigkeit und riefen die Republik Ambazonien aus.
Staatliche Sicherheitskräfte reagieren auf die Proteste mit Gewalt. 3000 Menschen sollen inzwischen getötet worden sein. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks sind mehr als 700.000 Menschen innerhalb des Landes auf der Flucht. Sowohl Separatisten als auch der Armee werden schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Der Norwegische Flüchtlingsrat (NRC) bezeichnete den Konflikt in den Jahren 2019 und 2020 als die am meisten vernachlässigte Krise weltweit.
Armee zurückziehen
Kardinal Tumi ruft in dem Konflikt immer wieder zum Dialog auf und wendet sich gegen eine Spaltung des Landes. Nach seiner Ansicht braucht das Land aber keine internationale Vermittlung, um die Gewalt zu beenden. "Was sofort getan werden muss, damit wieder Frieden einkehrt und Schüler in die Schulen gehen können, hängt vom Präsidenten ab", sagt Tumi. "Die Armee muss sofort in ihre Kasernen zurückkehren", fordert der Kardinal. Dafür reiche eine Anordnung des Präsidenten, der zugleich Armeechef ist.
Paul Biya, der seit 1982 regiert, hat in der Vergangenheit jedoch eine größere Autonomie der englischsprachigen Landesteile abgelehnt.