Kanzler: Siemens-Turbine fertig für Transport
3. August 2022Bundeskanzler Olaf Scholz macht Russland für Verzögerungen beim Rücktransport einer Gas-Turbine für die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 verantwortlich. Die Turbine könne jederzeit zurücktransportiert werden, sagte Scholz am Mittwoch bei einem Werksbesuch beim Turbinen-Bauer Siemens Energy in Mühlheim an der Ruhr, wo die Turbine seit Mitte Juli lagert.
Gazprom hat seinerseits mehrfach erklärt, dass Dokumente aus Deutschland fehlten, um den Rücktransport aufzunehmen. "Es ist offensichtlich, dass nichts, aber auch wirklich gar nichts dem Weitertransport dieser Turbine und ihrem Einbau in Russland entgegensteht", unterstrich Scholz. "Sie kann jederzeit transportiert und genutzt werden. Die Reduzierung der Gaslieferungen über Nord Stream 1, die Nichterfüllung der Gaslieferungsverträge hat keinerlei technische Gründe."
Alle Genehmigungen lägen vor, so Scholz, die russischen Abnehmer müssten nur sagen, "dass sie die Turbine auch haben wollen und dass sie die nötigen Auskünfte für den Zolltransport nach Russland geben." Gazprom könne seine Lieferverpflichtungen gegenüber Europa jederzeit uneingeschränkt erfüllen.
Gazprom, bitte melden!
Auch der Vorstandschef von Siemens Energy, Christian Bruch, stellte mit Blick auf die Reduzierung der Gaslieferungen klar: "Technisch können wir es aus unserer Sicht nicht nachvollziehen." Was die Turbine angehe,so fehle für deren Lieferung nach Russland lediglich eine Anforderung durch Gazprom.
Auch sei die in Mülheim lagernde Turbine nur eine von mehreren dieser Geräte, sagte Bruch weiter. In Russland gebe es "sechs solcher Turbinen plus zwei kleinere". Für die vollständige Auslastung von Nord Stream 1 seien fünf Turbinen nötig. Derzeit laufe nur eine davon - "deswegen sind wir bei 20 Prozent" Auslastung der Pipeline, sagte der Siemens-Energy-Chef.
Russland hatte die Gasliefermengen zunächst auf 40 Prozent der üblichen Menge verringert, dann auf nur noch 20 Prozent. Die Bundesregierung hatte dies zuvor bereits politische Maßnahme vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine bezeichnet.
Der Auftritt des Altkanzlers
In diesem Zusammenhang macht auch der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder wieder von sich reden. Der Altkanzler machte in einem Interview mit dem Magazin Stern und dem Sender RTL/ntv Siemens für die in Russland fehlende Turbine verantwortlich. Außerdem plädiert er dafür, die auf Eis gelegte Ostseepipeline Nord Stream 2 in Betrieb zu nehmen.
Regierungschef Olaf Scholz betonte, es gebe keine Gründe, warum die Turbine nicht geliefert werden könne. Sie sei nicht nur in perfektem Zustand, ihrer Nutzung stünden auch keinerlei Gas-Sanktionen entgegen. Man müsse sich angesichts des russischen Kriegs in der Ukraine aber bewusst sein, "dass es jederzeit irgendwelche vorgeschobenen, vorgebrachten Gründe geben kann, die dazu führen, dass irgendetwas nicht funktioniert."
Zu wenig Wind? Dann mehr Atom!
Der Bundeskanzler hat sich derweil offen gezeigt für längere Laufzeiten der letzten drei Atomkraftwerke, die in Deutschland noch am Netz sind. Scholz sagte am Mittwoch, diese Kraftwerke seien zwar lediglich für einen kleinen Teil der Stromproduktion relevant . "Aber trotzdem kann das Sinn machen", sagte der SPD-Politiker auf die Frage nach einer Verlängerung der Laufzeiten für die Atommeiler, deren Betrieb eigentlich am Jahresende ausläuft.
Zur Begründung verwies Scholz unter anderem darauf, dass es "insbesondere in Bayern sehr langsam vorangegangen ist mit dem Ausbau der Windenergie". Auch der Ausbau des Übertragungsnetzes in den Süden sei nicht so schnell vorangegangen wie geplant.
Scholz wies auch darauf hin, dass die Gasspeicher in Deutschland derzeit besser gefüllt seien als in früheren Jahren und zudem ab Ende des Jahres die geplanten neuen Flüssiggasterminals in Betrieb gehen sollten. Dies werde Deutschlands Möglichkeiten für Gasimporte unabhängig von Russland deutlich verbessern.
dk/hb (rtr, dpa, afp)