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Kabul braucht Washingtons Hilfe

Miodrag Soric22. März 2015

Zum ersten Mal reist Aschraf Ghani als afghanischer Präsident in die USA. Er sucht nach Unterstützung bei Wirtschaftsproblemen und in Sicherheitsfragen. Ein Ausblick von Miodrag Soric, Washington.

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Aschraf Ghani bei der Zeremonie zur Verkündung des neuen Kabinetts, 20.01.2015, Kabul (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/O. Sobhani

Aschraf Ghani Ahmadsai kehrt für ein paar Tage zurück in das Land, in dem er bereits Jahrzehnte verbracht hat: Der 66-jährige Paschtune lebte hier als Student, als Professor, als Experte bei der Weltbank in Washington. Seine beiden Kinder sind in den USA aufgewachsen, seine Frau hat die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Ghani kennt den Washingtoner Politikbetrieb - er war ein Teil davon. Allein das spricht dafür, dass sein Besuch erfolgreich verlaufen wird.

Sein wichtigstes Ziel: Amerika soll den geplanten Abzug seiner Truppen überdenken. Sein Argument: 10.000 US-Soldaten müssten in Afghanistan bleiben, um die einheimischen Sicherheitskräfte zu trainieren und die Taliban in Schach zu halten. US-Präsident Barack Obama hat dieser Bitte nicht entsprochen. Noch nicht. Doch vieles spricht dafür, dass dies in den kommenden Tagen geschehen wird.

Die afghanische Armee hat unübersehbare Schwächen. Tausende der 195.000 Soldaten desertieren Jahr für Jahr, viele sind schlecht ausgebildet, Analphabeten. Diese Armee kann sich Kabul nur Dank der finanziellen Unterstützung aus dem Westen leisten. Zieht Washington seine Soldaten ab oder reduziert die Truppenpräsenz maßgeblich, drohen die Taliban-Kämpfer oder andere Islamisten das Machtvakuum auszufüllen. Das gilt es zu verhindern, fordern der republikanische Senator John McCain und andere Kongressabgeordnete. Sie sind für eine starke und dauerhafte Truppenpräsenz der USA in Afghanistan.

Kabul: US-Verteidigungsminister Chuck Hagel bei Aschraf Ghani, 06.12.2014 (Foto: Reuters)
Routinierte Zusammenarbeit: US-Verteidigungsminister Chuck Hagel in Kabul im Dezember 2014Bild: Reuters/Mark Wilson/Pool

Breite Unterstützung aus den USA

Ghani wird vor beiden Häusern des Kongresses sprechen, so wie vor zwei Wochen Israels Premier Benjamin Netanjahu. Während die Rede des israelischen Gastes umstritten war, dürfte Ghani von Republikanern und Demokraten gleichermaßen willkommen geheißen werden.

Afghanistans Präsident braucht die Unterstützung der Parlamentarier, vor allem aus wirtschaftlichen Gründen. Die USA haben hat seit 2001 viele Milliarden US-Dollar in Afghanistan investiert - Tendenz fallend: 2013 betrug die Hilfe noch 1,8 Milliarden Dollar, 2014 waren es 1,1 Milliarden. Wie viel es in diesem Jahr sein wird, ist offen. Ghani möchte den rückläufigen Trend umkehren. Sein Argument: Wer Afghanistan stabilisieren will, muss in die Wirtschaft investieren.

Am Tropf ausländischer Geldgeber

Mehr als zwei Drittel der Einwohner sind jünger als 25 Jahre. Afghanistan braucht Jobs. Private Investoren machen immer noch einen großen Bogen um das Land: Auf der Liste von Transparency International ist die Korruption nur in Somalia und Nordkorea schlimmer als in Afghanistan. Selbst Ghani, der für seinen Fleiß und Entscheidungsfreude bekannt ist, wird dies nicht innerhalb weniger Monate ändern können. Kabul wird bis auf weiteres auf Wirtschaftshilfe aus dem Ausland angewiesen sein. Inzwischen kommt diese nicht nur aus den USA, der EU und Deutschland, auch Indien und China gewähren Hilfe. Misstrauisch verfolgt Washington, wie sich in jüngster Zeit Peking besonders großzügig zeigt.

Der chinesische Präsident Xi Jinping mit dem afghanischen Präsidenten Aschraf Ghani Ahmadsai (Foto: Getty Images)
Washington schaut mit Argusaugen auf Kabuler Kontakte zu Peking: Ghani bei Chinas Präsident Xi Jinping im Oktober 2014Bild: Getty Images

Dem neuen afghanischen Präsidenten fehlt das Charisma seines Vorgängers Hamid Karsai, der viel versprach, aber wenig hielt. Seine Beziehung zu Präsident Obama galt in den vergangenen Jahren als schwierig, ja zerrüttet. Ghani hingegen ist nüchtern, ein Technokrat. Jemand, der aus seiner Zeit bei der Weltbank weiß, wie Korruption bekämpft wird, wie eine effiziente Regierungsführung aussieht. Die US-Amerikaner hoffen, dass mit seiner Regierung ein Neuanfang in den bilateralen Beziehungen gelingt.