Johnson beantragt Notfallzulassung in den USA
5. Februar 2021Der US-Konzern Johnson & Johnson hat bei der US-Arzneimittelbehörde FDA eine Notfallzulassung für seinen Corona-Impfstoff beantragt. Ein entsprechender Schritt in Europa solle in den kommenden Wochen folgen, teilte das Unternehmen mit. Sobald das Zulassungsverfahren der FDA abgeschlossen und eine Genehmigung erteilt worden sei, könne mit der Auslieferung begonnen werden, sagte Forschungsleiter Paul Stoffels.
Vor knapp einer Woche hatte Johnson & Johnson mitgeteilt, sein Impfstoff habe in einer weltweiten Studie eine Wirksamkeit von 66 Prozent erzielt. Das Vakzin bietet den Vorteil, dass eine einmalige Dosis ausreicht - anstelle zweier Impfungen mit einem bestimmten Abstand, wie sie bei anderen Präparaten vorgesehen sind. Zudem muss der Impfstoff nicht tiefgefroren werden, was die Verteilung einfacher macht.
400 Millionen Dosen für die EU
Insgesamt will Johnson & Johnson in diesem Jahr eine Milliarde Dosen bereitstellen. Produziert werden sollen sie in den USA, in Europa, Südafrika und Indien. Mit den Vereinigten Staaten ist die Lieferung von 100 Millionen Dosen für eine Milliarde Dollar vereinbart; es besteht die Option auf weitere 200 Millionen. Südafrika unterzeichnete einen Vertrag über neun Millionen Dosen. Die EU hat sich bis zu 400 Millionen Einheiten des Mittels gesichert.
Unterdessen räumte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Versäumnisse bei der Beschaffung von Impfstoffen ein. Man habe unterschätzt, welche Komplikationen auftreten könnten, sagte sie der "Süddeutschen Zeitung". "Wir hätten früher wissen müssen, dass es bei diesen neuen Verfahren zu Beginn eine Achterbahnfahrt geben wird, bevor man einen stabilen Prozess erreicht. Dafür kann man uns kritisieren."
Tanker und Schnellboot
Die EU habe sich vor allem auf die Entwicklung eines Vakzins konzentriert. "Rückblickend hätten wir stärker parallel über die Herausforderungen der Massenproduktion nachdenken müssen." Zudem hätte man besser kommunizieren können. Auf die Kritik, die EU habe Impfstoffe zu zögerlich bestellt, entgegnete von der Leyen, die Europäische Union sei eher ein Tanker, während ein einzelner Staat einem Schnellboot gleiche.
Die EU-Kommission hatte für die 27 Mitgliedstaaten bis zu 2,3 Milliarden Impfdosen bei sechs Anbietern bestellt. Jedoch liefern die Unternehmen derzeit weniger als zugesagt. Von der Leyen zufolge erhielt die EU bislang etwas mehr als 20 Millionen Dosen. Im ersten Quartal sollen es insgesamt rund 100 Millionen sein.
Ungarn will mit "Sputnik" immunisieren
Mit Blick auf Ungarn unterstrich die Kommissionschefin, dass einzelne Regierungen auch Notfallzulassungen erteilen können, die nur für das entsprechende Land gelten. Dann gehe allerdings auch die Haftung vom Produzenten auf den jeweiligen Staat über.
Das EU-Mitglied Ungarn will in Kürze den russischen Impfstoff "Sputnik" und das Vakzin des chinesischen Herstellers Sinopharm einsetzen. Ministerpräsident Viktor Orban kündigte im staatlichen Hörfunk an, wenn möglich werde "Sputnik" in der kommenden Woche erstmals eingesetzt.
In Israel, das weltweit an der Spitze der Impfquoten steht, verharren die Infektionsfälle gleichwohl auf hohem Niveau. Der harte Lockdown wird bis Sonntag verlängert. Anschließend könnten graduelle Lockerungen beginnen, teilte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit. Dann soll etwa das Verbot aufgehoben werden, sich weiter als einen Kilometer von der eigenen Wohnung zu entfernen. Es ist insgesamt der dritte Lockdown in dem Neun-Millionen-Einwohner-Land, das inzwischen mehr als 5000 Corona-Todesfälle zu beklagen hat.
Lockerung auf Probe in Polen
Die Regierung in Polen kündigte derweil an, die geltenden Beschränkungen auf Probe zu lockern. Das Land habe bei der Zahl der Corona-Neuinfektionen eine "fragile Stabilisierung" erreicht, sagte Regierungschef Mateusz Morawiecki. Hotels, Kinos, Theater, Konzerthäuser, Sportanlagen unter freiem Himmel und Schwimmbäder sollen ab kommendem Freitag wieder öffnen. Einige der Einrichtungen dürfen aber zunächst nur mit einer Auslastung von 50 Prozent arbeiten.
Nach einem zweiwöchigen Test wollen die Behörden erneut entscheiden. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums verzeichnete Polen 6053 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden. Im selben Zeitraum starben 368 Menschen im Zusammenhang mit dem Virus. Das osteuropäische Land hat rund 38 Millionen Einwohner.
jj/mak (dpa, afp, rtr)