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PolitikEuropa

John Kerry auf Klima-Tournee

Barbara Wesel
9. März 2021

Der US-Klimabeauftragte John Kerry will in der Klimapolitik mit der EU zusammenarbeiten. In Brüssel machte er insbesondere im Hinblick auf die kommende UN-Konferenz Druck.

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Kerry (l.) mit Ursula von der Leyen und Frans Timmermans (Foto:  Anadolu Agency)
Kerry (l.) mit Ursula von der Leyen und Frans TimmermansBild: Dursun Aydemir/AA/picture alliance

"Zusammen können wir Berge bewegen" - so beschwor EU-Kommissar Frans Timmermans zu Beginn seines Treffens mit dem US-amerikanischen Klimabeauftragten John Kerry die wiedergefundene transatlantische Gemeinsamkeit. Der neue US-Präsident Joe Biden hat sein Land zurück ins Pariser Klimaabkommen geführt. Aber John Kerry, der sich seit Jahren dem Kampf gegen den Klimawandel verschrieben hat, erinnerte in Brüssel daran, dass die Ziele von 2016 längst nicht mehr ausreichen. Wenn man politisch und ökonomisch weiter mache wie bisher, werde man sie weit verfehlen, erklärte er.  Kerry verwies darauf, dass Präsident Biden für den 22. April einen weiteren Klimagipfel angesetzt hat. Dieser solle die teilnehmenden Staaten hinter dem Ziel vereinen, "die Ziele zu erhöhen".

Die EU hat Ziele und muss sie umsetzen

Kerry nahm an einer Sitzung der EU-Kommission teil und traf Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die wie Biden die Klimakrise zur entscheidenden Herausforderung ihrer Amtszeit erklärt hat. Die EU hat zumindest bereits gute Absichten bekundet: Die Regierungschefs einigten sich im Dezember nach heftigen Auseinandersetzungen darauf, die Emissionen klimaschädlicher Gase bis 2030 gegenüber 1990 um mindestens 55 Prozent zu verringern.

"Es wird noch enorm viel Arbeit und Anstrengung kosten, um diese Transformation zu vollziehen", sagte von der Leyen und erinnerte an das noch ambitioniertere Vorhaben, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Die Kommissionspräsidentin wies auch auf die Lehre aus der Corona-Pandemie hin, die gezeigt habe, dass der Verlust von Biodiversität eine Brutstätte für neue Krankheiten sein könne.

 EU-Gipfel in Brüssel (Foto: AP)
Die EU-Regierungschefs konnten sich mit Mühe auf das neue Klimaziel der EU für 2030 einigen Bild: picture alliance/dpa/Pool AP

Während die Europäer sich zumindest schon auf Vorgaben geeinigt haben, steht in den USA ein neues nationales Ziel zur Verringerung der CO2-Emissionen bis 2030 noch aus. Dazu müsste unter anderem die Abkehr von der besonders klimaschädlichen Fracking-Technologie gehören, was der Biden-Administration innenpolitische Probleme machen dürfte. Nach wie vor sind die USA der nach China zweitgrößte Emittent von Klimagasen weltweit. Ohne die Zusammenarbeit mit der US-Regierung sind daher nicht einmal die Pariser Ziele zu erreichen, geschweige denn weitere Verpflichtungen, die im November beim UN-Klimagipfel in Glasgow festgelegt werden sollen.

Eine außerordentliche Krise

John Kerry nannte den Klimawandel eine "außerordentliche Krise". "Wir müssen noch stärker werden, das letzte Jahr war erneut das heißeste in der Geschichte", sagte Kerry in Brüssel. "Dies ist der Moment der letzten Gelegenheit, die wir nach der industriellen Revolution haben". Europa und die USA müssten ihre Anstrengungen abstimmen, denn "kein Land kann diese Krise allein lösen". Man brauche die Zivilgesellschaft und die Wirtschaft und müsse Billionen für den technologischen Wandel ausgeben. Alle Experten seien sich einig, dass es teurer sei, tatenlos zu bleiben, als sich der Herausforderung zu stellen. "Glasgow ist unsere letzte Chance, die letzte Chance, dass die Welt zusammenfindet".

Boris Johnson (r.) vor einem Plakat zum UN-Klimagipfel (Foto: Getty)
Wegen der Pandemie war der UN-Klimagipfel COP26 auf den kommenden November verschoben worden Bild: Getty Images/WPA/J. Selwyn

Und hier liegt wohl der Hauptgrund für Kerrys Reise, der vor dem Besuch in Brüssel mit Regierungsvertretern in London gesprochen hatte. Seit längerem wird kritisiert, dass die britische Regierung, mit der Pandemie und Brexit beschäftigt, die Vorbereitungen für die 26. UN-Klimakonferenz in Glasgow mit halber Kraft betreibt. Der seit kurzem zuständige Minister Alok Sharma gilt als eher zweitrangige Besetzung, denn ihm fehlt die notwendige internationale Erfahrung. Im Unterhaus kritisierten Abgeordnete vor kurzem, die Regierung habe es versäumt, für den Gipfel klare Ziele zu setzen.

Dies jedoch halten viele Beobachter für dringend geboten. So zeigt beispielsweise ein Blick auf den neuen Wirtschaftsplan Chinas, dass klimapolitische Vorhaben darin kaum eine Rolle spielen. Das ist ein schwerer Rückschlag für die internationalen Bemühungen, die Erderwärmung bei 1,5 Grad Grad zu stabilisieren. Wenn die Briten als Gastgeber es nicht schaffen, China und Indien in Glasgow mit ins Boot zu bekommen, dürfte der Gipfel im Desaster enden.

Andere Länder, wie beispielsweise Saudi-Arabien und Brasilien, müssten zumindest bereit sein, sich Mehrheitsbeschlüssen anzupassen. Dabei könnten die diplomatischen Bemühungen Kerrys helfen, der allerdings die politische Arbeit im Vorfeld von Glasgow nicht allein wird leisten wollen. Hinderlich ist auch, dass die Zusammenarbeit zwischen London und Brüssel nur noch eingeschränkt funktioniert. Die Zeit drängt, um in die Vorbereitungen noch ausreichend Bewegung zu bringen. 

Kritiker mahnen zur Eile

Auch die Grünen-Abgeordnete Jutta Paulus glaubt, dass die Staatengemeinschaft schneller und entschiedener handeln müsse. John Kerry habe es auf den Punkt gebracht, die nächste Klimakonferenz in Glasgow sei die "letzte, beste Hoffnung" zur Begrenzung der Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad, so Paulus. "Umso unverständlicher ist, wie langsam und ambitionslos wir uns auf die Klimakonferenz vorbereiten." Die transatlantische Klima-Allianz brauchen klare Schritte für den Kohleausstieg, ein Ende des Verbrennungsmotors und weitreichende und verpflichtende Maßnahmen zur Reduktion des "Klimakillers Methan".

Ein Bericht des UN-Umweltprogramms UNEP stellt fest, dass der durch die Pandemie geschaffene Rahmen für zusätzliche Ausgaben umwelt- und klimapolitisch völlig unzureichend genutzt werde: "Die Ausgaben für den Wiederaufbau erfüllen nicht die Verpflichtung zur Nachhaltigkeit". Die Analyse zeige, dass nur 18 Prozent der geplanten Wiederaufbaumaßnahmen und 2,5 Prozent der Gesamtausgaben der Länder als "grüne" Vorhaben gelten könnten. Solche Ausgaben würden derzeit nur von wenigen reicheren Nationen getätigt.