Jetzt auch Ermittlungen gegen Porsche
10. Juli 2017Im Zuge der Abgas-Affäre rückt nun auch die Volkswagen-Tochter Porsche stärker ins Visier der Stuttgarter Staatsanwaltschaft. Die Behörde nahm Ermittlungen wegen einer möglichen Manipulation der Abgasnachbehandlung an Diesel-Fahrzeugen von Porsche auf, wie ein Sprecher am Montag mitteilte. Sie richteten sich gegen unbekannte Mitarbeiter des Autobauers und eines amerikanischen Tochterunternehmens.
Es werde der Vorwurf des Betrugs und der strafbaren Werbung geprüft. Nähere Angaben machte die Staatsanwaltschaft zunächst nicht. Sie hatte im April 2016 Vorermittlungen aufgenommen.
Porsche will die Ermittler unterstützen
Porsche baut selbst keine Dieselmotoren, sondern kauft sie von der VW-Tochter Audi zu, wie ein Porsche-Sprecher in Stuttgart sagte. Diesel-Autos seien nicht das Kerngeschäft. Der Anteil von Diesel-Modellen betrage "über alle Fahrzeuge und Märkte" nur 16 Prozent, in Deutschland 36 Prozent. Audi-Dieselmotoren sind in Versionen des Cayenne, des Panamera und des Macan verbaut.
Porsche erklärte am Montag, das Unternehmen nehme die Prüfungen der Staatsanwaltschaft ernst und werde alles dafür tun, um die Angelegenheit vollumfänglich und schnellstmöglich aufzuklären. "Unabhängig von der jetzigen Entscheidung der Staatsanwaltschaft hat Porsche schon zuvor das Gespräch mit der Staatsanwaltschaft Stuttgart gesucht und gefunden, steht mit ihr im Austausch und unterstützt die Ermittlungen in jeder Hinsicht."
Mogel-Diesel auch aus Stuttgart-Zuffenhausen?
Im VW-Abgas-Skandal spielte Porsche bisher eine Nebenrolle. Der Autobauer bezieht seine Dieselantriebe von der VW-Tochter Audi. Der Audi-Motor ist im Modell Cayenne verbaut. Nach der Entdeckung neuer auffälliger Diesel-Abgaswerte bei Audi war daher im Juni das Kraftfahrt-Bundesamt angewiesen worden, Untersuchungen am Porsche-Modell Cayenne durchzuführen.
In Deutschland ist außerdem der kleinere Porsche-Geländewagen Macan Teil eines "freiwilligen" Rückrufs von 630 000 Fahrzeugen verschiedener Marken, bei denen amtliche Zweifel an der Abgastechnik bestehen - aber nicht der Vorwurf einer illegalen Einrichtung erhoben wird.
Die Luft wird dünner
Vergangene Woche war ein Audi-Manager auf Antrag der Staatsanwaltschaft München II festgenommen worden. Bis zu seiner Beurlaubung 2015 war er einer der führenden Audi-Motorenentwickler und ist offenbar stark in die Abgasaffäre verwickelt. Ihm werden Betrug und unlautere Werbung vorgeworfen. Außerdem ist er einer von acht Mitarbeitern des VW-Konzerns, gegen den die US-Justiz Strafanzeige gestellt hat. Er sitzt in Untersuchungshaft und will mit den Behörden kooperieren.
In Deutschland ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Braunschweig wegen Betrugsverdachts gegen fast 40 Beschuldigte. Daneben gibt es in Europa unzählige Klagen von Aktionären und Autobesitzern gegen VW.
Noch kein Grund für U-Haft
Aus Braunschweig kam am Montag eine Nachricht, die den früheren VW-Chef Martin Winterkorn und andere im Dieselskandal Beschuldigte erleichtert haben dürfte: Sie müssen derzeit keine Haftbefehle der Ermittler in Deutschland fürchten. "Wir sehen wie bisher keinen Ansatzpunkt, einen unserer Beschuldigten wegen Fluchtgefahr festzunehmen", sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Braunschweig der Nachrichtenagentur Reuters. "Die überwiegende Zahl der Beschuldigten hat ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland, niemand hat sich bislang dem Ermittlungsverfahren entzogen."
dk/hb (dpa/afp/rtr)