Die Chronik eines Skandals
27. Januar 2017Noch immer gibt es bei der Bewältigung von Dieselgate viele offene Fragen. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat denn auch ihre Ermittlungen erweitert – im Visier dabei der frühere VW-Boss Martin Winterkorn. Die wichtigsten Stationen des Skandals:
Der Skandal bricht aus - 2015
3. September - Volkswagen gibt gegenüber den US-Umweltbehörden Manipulationen an Dieselmotoren zu. Mit Hilfe einer Software wurden die Abgaswerte in Prüfsituationen herunter geregelt.
18. September - Die US-Umweltbehörde EPA macht das Geständnis öffentlich: VW habe vorsätzlich Abgasvorschriften bei rund 500.000 Diesel-Fahrzeugen umgangen. Das könne eine Strafe von bis zu 18 Milliarden Dollar nach sich ziehen.
20. September - VW räumt die Abgas-Manipulationen nun selbst öffentlich ein und kündigt eine externe Untersuchung an.
21. September - Am ersten Börsenhandelstag nach dem Geständnis stürzt die VW-Aktie um 20 Prozent ab.
22. September - VW legt wegen der Abgas-Affäre 6,7 Milliarden Euro zurück und kassiert seine Gewinnziele für 2015.
23. September - VW -Chef Winterkorn tritt zurück. Der Konzern erklärt, weltweit seien elf Millionen Dieselfahrzeuge von den Manipulationen betroffen.
25. September - Der VW -Aufsichtsrat bestellt Porsche-Chef Matthias Müller zum neuen Konzernchef.
7. Oktober - Der Aufsichtsrat wählt VW-Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch zum Nachfolger des zurückgetretenen AR-Chefs Ferdinand Piech.
15. Oktober - Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) ordnet den Rückruf von 2,4 Millionen VW-Fahrzeugen in Deutschland an, dieser soll Anfang 2016 starten.
28. Oktober - VW verbucht erstmals seit mehr als 15 Jahren einen Quartalsverlust. Wegen der milliardenschweren Rückstellungen für den Abgasskandal weist der Konzern im dritten Quartal einen Betriebsverlust von rund 3,5 Milliarden Euro aus.
20. November - Die EPA macht erneut ein Schummel-Geständnis von VW öffentlich: Die von Audi entwickelten und auch im Porsche Cayenne verbauten 3-Liter Motoren enthalten eine in den USA illegale Software.
10. Dezember - Müller und Pötsch erklären auf einer Pressekonferenz in Wolfsburg, die Affäre konsequent aufklären zu wollen. 450 Experten seien an den Untersuchungen beteiligt.
Das zweite Jahr - 2016
4. Januar - Das US-Justizministerium verklagt VW wegen der Abgasmanipulation. Es droht eine Milliarden-Strafe.
8. Januar - Der Abgas-Skandal bringt für VW den ersten Absatzrückgang seit mehr als einem Jahrzehnt ein. 2015 sinkt die Zahl der weltweit ausgelieferten Fahrzeuge um zwei Prozent.
11. Januar - VW-Chef Müller besucht die US-Automesse in Detroit. Nach einem Radio-Interview, in dem er den Dieselskandal als "technisches Problem" bezeichnet und sagt, VW habe nicht gelogen, muss er massive Kritik einstecken.
2. März - VW weist Aktionärsklagen zu einem Verstoß gegen die Ad-hoc-Pflicht zurück und veröffentlicht erste Erkenntnisse zur Entstehung des Dieselskandals.
10. März – Der Chef von VW-USA Michael Horn wirft überraschend das Handtuch und verlässt den Konzern mit sofortiger Wirkung.
22. April - Volkswagen weist für 2015 einen Verlust von 1,4 Milliarden Euro aus. Die Rückstellungen für "Dieselgate" erhöht der Konzern auf 16,2 Milliarden Euro.
16. Juni - Müller stellt die neue Konzernstrategie vor: VW will einen zweistelligen Milliardenbetrag in Zukunftsgeschäfte wie Elektromobilität, Batterietechnologie und selbstfahrende Autos investieren.
20. Juni - Die Staatanwaltschaft ermittelt gegen Ex-VW-Chef Winterkorn und VW-Markenchef Herbert Diess wegen des Verdachts auf Marktmanipulation.
22. Juni - Auf der Hauptversammlung üben Aktionäre massive Kritik am "System VW". Doch die Großaktionäre – die Porsche-Holding, das Land Niedersachsen und das Emirat Katar - sorgen für eine Entlastung des Vorstands.
28. Juni - VW einigt sich in den USA auf einen Vergleich: Zur Entschädigung der Kunden von Dieselautos mit 2,0-Liter-Motoren und zur Wiedergutmachung von Umweltbelastungen soll der Konzern eine Rekordsumme von bis zu 15 Milliarden Dollar zahlen.
14. Juli - Die kalifornische Umweltbehörde lehnt den von VW vorgelegten Reparatur-Plan für die 3,0-Liter-Dieselautos ab.
26. Juli - Ein US-Gericht genehmigt den von VW usgehandelten Vergleich zur Entschädigung der Kunden von 2,0-Liter-Dieselautos.
28. Juli - Volkswagen erhöht die Rückstellungen für den Dieselskandal um 1,6 Milliarden auf insgesamt 17,8 Milliarden Euro.
02. August – Das Bundesland Bayern kündigt eine Klage seines Pensionsfonds gegen Volkswagen an. Hessen und Baden-Württemberg prüfen einen solchen Schritt ebenfalls.
25. August - Volkswagen einigt sich mit seinen rund 650 Händlern in den USA über eine Entschädigung von insgesamt mindestens 1,2 Milliarden Dollar.
1. September: Das deutsche Verkehrsministeriums wirft auch Fiat den Einsatz «unzulässiger» Abschalteinrichtungen vor - Fiat dementiert.
7. September: Vorwürfe gegen Bosch: Der VW-Zulieferer habe jahrelang von den Manipulationen seines Großkunden wissen müssen, klagen geschädigte Diesel-Besitzer in den USA.
10. September: In den USA bekennt sich ein früherer VW-Mitarbeiter schuldig. Der Ingenieur gibt laut US-Justizministeriums zu, bis 2008 Teil einer fast zehn Jahre andauernden Verschwörung gewesen zu sein.
18.November: VW gibt seinen «Zukunftspakt» zum Umbau des Konzerns bekannt. Bis zu 30 000 Jobs sollen abgebaut werden, davon 23 000 in Deutschland, und die Kosten um 3,7 Milliarden Euro gesenkt werden. In Zukunftsbereichen wie Elektroautos sind 9000 neue Stellen geplant.
8. Dezember: Die EU-Kommission sieht massive Mängel bei der Aufarbeitung des Abgas-Skandals und geht deshalb gegen Deutschland vor.
Das dritte Jahr – 2017
9. Januar: Es wird bekannt, dass das FBI in den USA einen VW-Manager wegen des Dieselskandals verhaftet hat. Auch gegen weitere Mitarbeiter wird in den USA ermittelt.
11. Januar: VW und das US-Justizministerium einigen sich in einem zweiten großen Vergleich auf eine Strafzahlung in Höhe von 4,1 Milliarden Euro.
12. Januar: In den USA gerät Fiat Chrysler wegen möglichen Abgasbetrugs ins Visier der Behörden geraten. Der italienisch-amerikanische Branchenriese steht laut EPA unter Verdacht, in den USA bei rund 100 000 Dieselwagen die Emissionswerte von Stickoxiden gefälscht zu haben.
19. Januar: Vor einem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags bestreitet Ex-Chef Winterkorn, bis zum Bekanntwerden des Diesel-Skandals von illegalen Abgas-Manipulationen bei VW gewusst zu haben.
23. Januar: Ein US-Richter billigt endgültig den Vergleich zwischen VW und seinen Händlern in den USA. Es geht um Entschädigungszahlungen von bis zu 1,2 Milliarden Dollar in bar für 652 Vertragshändler.
26. Januar: VW-Vorstandsmitglied Christine Hohmann-Dennhardt, seit einem Jahr für die Aufklärung des Skandals mit zuständig, verlässt überraschend den Konzern.
27. Januar: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt gegen den früheren Chef des VW-Konzerns Winterkorn nun auch wegen des Verdachts auf Betrug. Die Zahl der Beschuldigten in dem Skandal steigt von 21 auf 37 Personen.
ar/wen (dpa, rtr)