Jeff Mason nimmt DW-Preis entgegen
19. Juni 2017Der Freedom of Speech Award an die White House Correspondents' Association (WHCA)? Nicht etwa an Journalisten, die in Diktaturen unter Gefahr für Leib und Leben arbeiten, sondern in den USA - einer der Keimzellen der Demokratie? Diese Entscheidung der Deutschen Welle stieß auch bei den Rednern zur Preisverleihung auf eine gewisse Ratlosigkeit.
So begann der Vorsitzende der Bundespressekonferenz, Gregor Mayntz, seine Laudatio mit der Frage: "Was mache ich hier?" Um zu konstatieren: "Hier zu stehen, muss ein Fehler, ein großes Missverständnis sein." Eine Laudatio für die Preisträger der vergangenen zwei Jahre sei durchaus okay - für den inhaftierten saudischen Blogger Raif Badawi und den im deutschen Exil lebenden Chefredakteur der türkischen Zeitung Hürriyet, Sedat Ergin. "Aber eine Freedom of Speech-Rede für Kollegen aus dem Land of the free - es ist schwer zu glauben."
Auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters ging auf diesen ungewöhnlichen Umstand ein: "Wer den Film und das Theater liebt, schätzt außergewöhnliche Auftritte, bizarre Szenen und bemerkenswerte Inszenierungen. Wer allerdings glaubte, all das gäbe es nur auf der Kinoleinwand oder im Scheinwerferlicht einer Bühne, keinesfalls aber in den Amtsstuben einer altehrwürdigen Demokratie, sieht sich mittlerweile leider eines Besseren lehrt."
Der Schock sitzt tief
Dass die Vergabe des Preises an die WHCA ihre Berechtigung hat, darüber gab es allerdings keinen Zweifel. Denn der Schock über den Einzug Donald Trumps ins Weiße Haus, über sein Vorgehen gegen die Medien, wie sie nicht nur in vielen seiner Tweets zum Ausdruck kommt, sitzt allenthalben tief.
"Wir verstehen diese Auszeichnung als Anerkennung für die Freie Presse weltweit und in den USA - und als Ermutigung und Zeichen der Solidarität für die Kollegen, die die spannende Aufgabe haben, über den US-Präsidenten und seine Politik zu berichten", sagte DW-Intendant Peter Limbourg und betonte: "Wir sehen uns nicht als Besserwisser." Aber Trump benehme "sich wie ein beleidigter König und erklärt die Medien, die ihm nicht passen, zu Volksfeinden". Langfristig untergrabe dies das Vertrauen in den freien Journalismus - und das sei gefährlich für die Demokratie.
Heimat und Bühne des Qualitätsjournalismus
Grütters nahm diesen Ball auf und sagte: "Umso mehr sollten wir zu schätzen wissen, was guten Journalismus auszeichnet. Und deshalb bin ich froh und dankbar, dass die Deutsche Welle dem Qualitätsjournalismus nicht nur eine Heimat, sondern mit dem Global Media Forum und der Verleihung des Freedom of Speech Award auch eine Bühne bietet."
Die Preisvergabe an die Korrespondenten, die über das Weiße Haus berichten, sei eine hochverdiente Anerkennung für Journalistinnen und Journalisten, die das journalistische Ethos auch unter schwierigen Bedingungen hochhalten und sich dabei weder einschüchtern noch korrumpieren lassen. Denn das Bekenntnis zur Presse- und Meinungsfreiheit verliere an Glaubwürdigkeit, wenn westliche Demokratien nicht bereit seien, für diese Werte einzustehen. Deshalb setze sich die deutsche Bundesregierung auf allen diplomatischen Ebenen auch für die Freilassung ihres Kollegen Deniz Yüzel und anderer inhaftierter Journalisten ein.
Auch wenn in den USA derzeit kein Journalist befürchten muss, aufgrund kritischer Berichterstattung das Schicksal Yücels zu teilen, so machte Laudator Mayntz deutlich: "Es gibt einige wichtige Leute in der freien Welt, die sich schämen sollten, dass die Vereinigung der Korrespondenten im Weißen Haus diese Auszeichnung verdient hat!"
"Wir müssen wachsam bleiben"
Der Präsident der Vereinigung, Jeff Mason, nahm den Preis entgegen. In seiner Dankesrede sagte er, der Freedom of Speech Award sei eine Auszeichnung, die man "weder angestrebt noch erwartet" habe. Mason steht seit Juli 2016 an der Spitze der Journalisten-Vereinigung und berichtete, dass Trump im Wahlkampf "offen seine Verachtung für die Presse gezeigt" habe.
Die White House Correspondents' Association habe dennoch versucht, ein konstruktives Verhältnis zur neuen Regierung aufzubauen. Mason habe in den vergangenen Monaten vor allem eines gelernt: "Wir können die Pressefreiheit und die Gesetze, die sie garantieren, niemals für selbstverständlich halten. Wir müssen wachsam bleiben gegenüber jedem Versuch, sie einzuschränken."