"Die Ukraine kämpft für Europa"
1. April 2015Arseni Jazenjuk scheut sich nicht vor deutlichen Worten. Der russische Präsident Wladimir Putin wolle nicht nur die Ukraine als unabhängigen Staat eliminieren, sagte der ukrainische Ministerpräsident bei einem Vortrag in der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin (im Bild oben). Putins Ziel sei es, einen Krieg gegen den Westen zu führen. Die Ukraine sei nur das Schlachtfeld für die russische Aggression und den Krieg Putins gegen die Freiheit, die Unabhängigkeit und die Demokratie. "Die Russen haben versucht, einen Keil zwischen die EU-Mitgliedsstaaten zu treiben und die Einheit zwischen den USA und der EU zu zerstören", erklärte Jazenjuk. Moskau versuche, die Welt zu destabilisieren und die Grenzen nach dem Zweiten Weltkrieg neu zu ziehen. "Sie glauben, die russische Stabilität hängt von der Instabilität der ganzen Welt ab." Der ukrainische Ministerpräsident appellierte an die Europäische Union, sich nicht auseinanderdividieren zu lassen. "Bleiben sie vereint!", sagte er.
"Die Krim bleibt auf der Tagesordnung"
Mit Blick auf das Minsker Abkommen sagte Jazenjuk, er bezweifle die Dauerhaftigkeit des "sogenannten Waffenstillstands" mit den prorussischen Separatisten. In den letzten Wochen seien 75 ukrainische Soldaten bei Kämpfen ums Leben gekommen, etliche seien verwundet worden. Derzeit versuchten die von Russland unterstützten Rebellen, ihre Kräfte neu zu sammeln und sich mit neuen Waffen aus Moskau auszustatten. In der Ostukraine seien Hunderte von russischen Panzern stationiert und 30.000 von Russland unterstützte "Terroristen" unter Waffen. Dies schließe auch reguläre russische Truppen mit ein. Darum bitte die Regierung in Kiew ihre Verbündeten und Freunde um Defensivwaffen, um sich gegen das weitere Vordringen der Rebellen wehren zu können.
"Die militärische Lösung ist ganz eindeutig nicht die beste Lösung", unterstrich Jazenjuk. Kiew wolle diesen Konflikt mit diplomatischen, finanziellen und wirtschaftlichen Mitteln lösen. Trotzdem benötige die ukrainische Armee Waffen zur Abschreckung, denn die russische Aggression müsse gestoppt werden. Dabei komme es für sein Land nicht in Frage, die Krim aufzugeben, die sich Moskau widerrechtlich angeeignet habe. Russland habe damit gegen das Völkerrecht verstoßen. Die Ukraine werde dies niemals akzeptieren, die Krim bleibe auf der Tagesordnung.
Treffen mit Merkel
Jazenjuk war zu einem Arbeitsbesuch nach Berlin gekommen. Begleitet wurde er von Finanzministerin Natalia Yaresko und Wirtschaftminister Aivaras Abromavicius. Bundeskanzlerin Angela Merkel würdigte die "beachtlichen Reformschritte" der ukrainischen Regierung. Dies werde die Bereitschaft ausländischer Investoren stärken, sich in der Ukraine zu engagieren. Die Bundesregierung habe Kiew 500 Millionen Euro als Kredit zur Verfügung gestellt. Davon sollten 300 Millionen gezielt für die Modernisierung der Infrastruktur, der Wirtschaft und des Gesundheitswesens eingesetzt werden. Außerdem wolle man sich darüber verständigen, wie man die Ukraine im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit weiter unterstützen könne. "Wir wissen, dass natürlich vor allem die Menschen in der Ukraine eine schwierige Zeit durchleben", sagte Merkel. Zu der ohnehin schwierigen Ausgangslage in dem wirtschaftlich geschwächten Land komme die Herausforderung durch Binnenflüchtlinge und Verwundete hinzu. Mit Blick auf das Minsker Abkommen vom September 2014 sagte Merkel, es sei ruhiger geworden in den Krisenregionen, aber der verabredete Waffenstillstand sei noch nicht voll hergestellt. Auch die Transparenz beim Abzug der schweren Waffen sei noch nicht ausreichend.
Jazenjuk betonte, dass seine Regierung baldige Wahlen in den von pro-russischen Separatisten kontrollierten Gebieten im Osten des Landes abhalten wolle. Ein Wahlkampf könne aber nicht unter vorgehaltener Waffe stattfinden. Berichte über Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und Präsident Petro Poroschenko wies Janzenjuk zurück. Man sei sich in allen zentralen Fragen einig, sagte er.