Jaksche belastet Fuentes schwer
11. Februar 2013Der frühere deutsche Radprofi Jörg Jaksche nutzte die Gelegenheit vor dem Höchsten Gericht in Madrid zu einem Rundumschlag. Der Ansbacher, der 2007 Doping gestanden und 2008 seine Karriere beendet hatte, war der erste Ex-Kunde des spanischen Skandal-Mediziners Eufemiano Fuentes, der in den Zeugenstand trat. In seiner Aussage im Prozess um die "Operación Puerto" belastete er Fuentes schwer. Gleichzeitig attackierte der geständige Dopingsünder die zusammen mit Fuentes angeklagten früheren Radsport-Teamchefs: "Sie ermutigten uns damals zu dopen, und jetzt beschuldigen sie uns, um sich selber zu retten."
Bei den Bluttransfusionen, denen er sich bei Fuentes unterzogen habe, sei es nur darum gegangen, "die Vorschriften zu umgehen", sagte der 36-Jährige dem Gericht. Damit widersprach Jaksche Aussagen des Mediziners, dieser habe sich ausschließlich um die Gesundheit der von ihm betreuten Sportler gesorgt. Formal geht es in dem Prozess nicht um Doping, weil dies 2006 noch kein Straftatbestand in Spanien war. Fuentes und vier Mitangeklagten wird die Gefährdung der öffentlichen Gesundheit vorgeworfen. Der 57 Jahre alte Mediziner beteuerte, er habe Bluttransfusionen bei Hochleistungssportlern vorgenommen, weil deren Blut bei Wettkämpfen einen gefährlich niedrigen Hämatokritwert aufgewiesen habe.
"Ich hätte auch sterben können"
Jaksche stellte klar, dass Fuentes ihm schon bei den ersten Kontakten Anabolika, das Wachstumspräparat IGF-1 und eine Blutdoping-Behandlung angeboten habe. "Und er war stolz darauf", betonte Jaksche. Etliche Fahrer des damaligen Teams Liberty Seguros seien seinerzeit Fuentes-Kunden gewesen, doch er könne nicht genau sagen, wer, erklärte Jaksche dem Gericht. "Es war 2005 oder 2006, als mir Fuentes vor der Tour de France die Streckenkarte zeigte, in der eingekreist war, wo Bluttransfusionen geplant waren. Und vor lauter Kreisen sah man fast keine Karte mehr." Der Arzt habe mit ihm nie über Risiken gesprochen, berichtete Jaksche. Er sei sich teilweise nicht sicher gewesen, überhaupt sein eigenes Blut zurückgeführt zu bekommen. "Ich hätte sterben können", meinte der ehemalige Liberty-Seguros-Fahrer.
Fortgesetzt werden die Zeugenaussagen vor Gericht mit dem zweimaligen Tour-de-France-Sieger Alberto Contador, er ist für den 22. Februar vorgeladen. Entgegen seinem Antrag muss der Spanier dann persönlich in Madrid erscheinen und kann nicht via Video-Konferenz eine Aussage machen. Contador, der 2006 ebenfalls mit Fuentes in Verbindung gebracht worden war, ehe sein Name aus den Polizeiunterlagen verschwand, ist Zeuge der Verteidigung. Er fuhr in jenem Jahr für das Team Liberty Seguros des ebenfalls angeklagten Chefs Manolo Saiz.
Scharfe Kritik am Madrider Gericht selbst übte derweil der deutsche Anti-Doping-Kämpfer Werner Franke. Er erwartet trotz der massiven Anklage durch Jaksche einen Freispruch für den spanischen Mediziner Eufemiano Fuentes. "Was beim Fuentes-Prozess in Madrid passiert, ist gewollte Nicht-Aufklärung. Ich sehe die Richterin als Teil des korrupten, staatlich gelenkten spanischen Systems, das aufseiten der Doper ist", sagte Franke dem Sport-Informations-Dienst.
Cipollini soll gut gezahlt haben
Parallel dazu wartete die italienische Tageszeitung Gazzetta dello Sport am Montag (11.02.2013) mit Neuigkeiten über Mario Cipollini auf. Italiens früherer Sprintstar soll Dopingarzt Fuentes in vier Jahren 130.000 Euro für seine Dienstleistungen gezahlt haben. Dabei stützt sich das Blatt auf Ergebnisse der Ermittlungen rund um die spanische "Operación Puerto". Der heute 45-jährige Cipollini zählte demnach im Jahr 2001 zu den ersten Kunden des Spaniers und sei von diesem bis 2004 behandelt worden.
Die Gazzetta publizierte Tabellen mit den Anweisungen des Arztes zur Einnahme von Dopingsubstanzen. Darauf sei auch die Telefonnummer Cipollinis in der toskanischen Stadt Lucca angegeben. Die Antidoping-Ermittler von Italiens Nationalem Olympischen Komitee CONI wollen von den spanischen Justizbehörden Dokumente anfordern und Cipollini damit konfrontieren. Italiens Radsportverband will laut Präsident Renato Di Rocco als Zivilkläger bei einem möglichen Doping-Prozess gegen Cipollini aufzutreten.