1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Jacob Zumas vereitelte Flucht nach Dubai

Martina Schwikowski
1. Juni 2017

Südafrikas Präsident Jacob Zuma gerät weiter in Bedrängnis: Geleakte E-Mails enthüllen seine korrupten Verstrickungen mit der Gupta-Familie. Teil des Plans: Zumas Rückzug nach Dubai.

https://p.dw.com/p/2dnHG
Architektur VAE Dubai Gebäude im Stadteil Marina
Bild: picture-alliance/Geisler-Fotopress

Präsident Jacob Zuma hat immer wieder gezeigt, dass er die starken Stürme seiner politischen Skandale überlebt. Ein Vorstoß für ein Misstrauensvotum aus den Reihen seiner eigenen Partei, dem Afrikanischen Nationalkongress (ANC), prallte am Wochenende an Zumas weitgehend loyaler Führungsriege ab. Dabei liegen jetzt klare Beweise für die Machenschaften des Präsidenten in E-Mail-Form auf dem Tisch: Zwei südafrikanische Tageszeitungen haben vertrauliche E-Mails aus dem Schriftverkehr des Zuma-Clans mit der umstrittenen Gupta-Familie veröffentlicht und damit eine Welle der Entrüstung im Land entfacht. Das Online-Nachrichtenportal Daily Maverick setzte am Donnerstag noch eines drauf: 100.000 bis 200.000 weitere E-mails sollen in Kürze für Journalisten zugänglich gemacht werden. Das Portal hat eine neue investigative Gruppe "Scorpio" gegründet. Sie lässt derzeit alle #GuptaLeaks außer Landes auf sicheren Datenbanken speichern.

Letzter Ausweg: Dubai

Lange war bekannt, dass die mit Zuma befreundete Gupta-Familie Einfluss auf seine Politik nimmt. Die E-Mails belegen nun, wie weit der Arm der indischen Unternehmerfamilie wirklich ins Regierungsgeschäft hineinreichte und wie sehr sie den südafrikanischen Präsidenten und einige seiner Minister kontrollierte. Die führenden südafrikanischen Zeitungen "City Press" und "Sunday Times" enthüllten, dass Präsident Zuma offenbar plante, sich nach Ende seiner Präsidentschaft nach Dubai zurückzuziehen - ein Plan, hinter dem augenscheinlich die Guptas stehen.

Südafrika Parlament Debatte Amtsenthebung Jacob Zuma
Die Amtsenthebung Zumas wurde bereits 2016 im Parlament diskutiert. Daraus wurde erst einmal nichtsBild: picture-alliance/dpa/N. Bothma

In einem Brief, den die Sunday Times abdruckte, teilt Präsident Zuma dem Kronprinzen von Abu Dhabi seine Absicht mit, die Vereinigten Arabischen Emirate zu seinem Zweitwohnsitz zu machen: "Es wird mir und meiner Familie eine Ehre sein, Ihre Schirmherrschaft während unserer vorgeschlagenen Residenz in den Vereinigten Arabischen Emiraten zu genießen." Der offengelegte Mailverkehr deutet darauf hin, dass der Brief möglicherweise vom Gupta-Clan entworfen worden war.

Kein frühzeitiger Abruf von Zuma

Die Flucht nach Dubai - sie könnte eine Strategie des Präsidenten sein, weiteren rechtlichen Verwicklungen zu entgehen, die ihm nach Ende seiner diplomatischen Immunität blühen dürften. Sein einziger Ruhesitz sei Nkandla, sagt Zuma nun mit Verweis auf eine Luxusresidenz in seiner Heimat, die er auf Staatskosten sanieren ließ - und für die er bereits zu Rückzahlungen verurteilt wurde. Der politische Kommentator Daniel Silke hält die "Exit-Strategie Dubai" jetzt für unhaltbar. "Es ist keine durchführbare Abgangsstrategie. Unabhängig davon, ob die E-Mail authentisch ist: Die Tarnung ist aufgeflogen. Die Öffentlichkeit ist jetzt informiert." Laut Silke wird die "Dubai-Wolke" in Zumas verbleibenden Amtszeit stets über ihm hängen.

Südafrikaner fordern Präsident Zuma zum Rücktritt auf
Proteste begleiten Jacob Zumas Präsidentschaft schon seit Jahren. Bisher hat er sie alle überdauertBild: picture alliance/dpa/AP/D. Farrell/AP

Ohnehin sieht es gerade nicht danach aus, als müsse Zuma den Regierungssitz in Pretoria vorzeitig räumen: Das Misstrauensvotum, das ANC-Führungsmitglied Joel Netshitenze gefordert hatte, ist am Wochenende vom Parteiführungskomitee abgeschmettert worden. Es wäre das zweite innerhalb von einem halben Jahr gewesen. Das Komitee sei von Zuma größtenteils handverlesen und wolle ihn angesichts des E-Mail-Debakels schützen, sagt Silke im DW-Interview. Außerdem sei der ANC nervös, erneut einen Präsidenten frühzeitig abzurufen: Im Falle des früheren Präsidenten Thabo Mbeki hatte das der Partei enorm geschadet. Schließlich gebe es Ende des Jahres ohnehin eine gesetzesmäßige Konferenz, die einen neuen ANC-Führer und Präsidentschaftskandidaten für die Wahl 2019 bestimmen werde. "Aber der Druck geht Zuma nahe", sagt Silke. Das habe sicher auch zu seiner verärgerten Reaktion auf das Misstrauensvotum beigetragen: Zuma hatte dem ANC-Führungskomitee gedroht, ihn "nicht zum Äußersten zu treiben" - für Silke ein Hinweis darauf, dass weitere Entmachtungen bevorstehen könnten.

Ein Kabinett von Gnaden der Guptas

Bereits im April hatte Präsident Zuma mit einer raschen Kabinettsumbildung für Irritationen gesorgt: Er hatte in einer Nacht- und Nebelaktion unter anderem den Zuma-kritischen Finanzminister Pravin Gordhan gefeuert und durch den loyalen Malusi Gigaba ersetzt. Gordhan hatte sich gegen einen 70 Milliarden Euro schweren Atomdeal gestellt, von dem ein Unternehmen der Guptas profitiert hätte.

Afrika Johannesburg Ajay und Atul Gupta bei Interview
Bei ihnen laufen die Fäden zusammen: Die Gupta-Brüder, hier Ajay und Atul 2011Bild: imago/Gallo Images

Die jetzt geleakten E-Mails zeigen auch, wie der Bergbauminister Mosebenzi Zwane 2015 in sein Amt gekommen ist: Zwei Monate bevor Zuma ihn einsetzte, war sein Lebenslauf an die Guptas zur Begutachtung geschickt worden. Die E-Mails liefern Belege, dass die Guptas vielfach Kabinettsmitglieder und Unternehmensbosse durch die Finanzierung ihrer Reisen, Aufenthalte in exklusiven Hotels in Dubai und Fahrten in Luxuskarossen kaufen konnten. Das Netz der Gupta-gelenkten Staatsgeschäfte ist weitgestrickt. "Wir erleben jetzt, wie diejenigen, die Präsident Zuma aus dem Amt haben wollen, ihre Beweise anhäufen", sagt die politische Analystin Sithembile Mbete. "Aber das wird nicht automatisch zu einer Entscheidung führen, ihn als Staatspräsident abzuberufen." Nicht, solange das Führungskomitee fast geschlossen hinter dem Präsidenten steht. Südafrikas krisenfester Präsident jedenfalls zeigt sich entschlossen, auch die neuen Offenbarungen auszusitzen. Die Regierung tut die digitalen Beweise bislang als "Fake News" ab.

Mitarbeit: Thuso Khumalo