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Jüdisches Museum mit ungewöhnlichem Konzept

Rosalia Romaniec 2. Juli 2006

In Warschau entsteht ab 2007 ein Museum für die Geschichte der polnischen Juden. Das neue Museum soll nicht in erster Linie an deren Ermordung erinnern, sondern vor allem an ihre tausendjährige Kultur.

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Der Entwurf von Rainer Mahlamaeki und Ilmari LahdelmaBild: AP
Polen Jüdisches Museum in Warschau geplant
Lech Kaczynski (l.) betrachtet den finnischen EntwurfBild: AP

1000 Jahre jüdische Geschichte in Polen soll das neue Museum erzählen, das bis 2009 in Warschau entstehen soll. Es ist eine Geschichte, die nach dem Zweiten Weltkrieg für Jahrzehnte in Polen verdrängt und vergessen wurde. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wurden die Erinnerungen wieder wach.

Vor dem Krieg war Polen mit 3,5 Millionen Juden das bedeutendste Zentrum der jüdischen Kultur in Europa. Daran soll die einzigartige Ausstellung des Museum für die Geschichte der polnischen Juden erinnern.

Die Ausstellung wird auf etwa 4000 Quadratmetern neun Galerien beherbergen. Die Geschichte beginnt im Mittelalter und endet in den letzten Jahren - in der Zeit, als die jüdische Kultur und das Bewusstsein für sie nach Polen langsam zurückkehrten. "Die Galerien werden in Form und Inhalt sehr unterschiedlich sein. Von modernen multimedialen Räumen bis zu original nachgebauten jüdischen Vierteln in ostpolnischen Städten des 17. Jahrhunderts", sagt Jerzy Halbersztadt, der Direktor des Museums. "All diese Ideen mussten die Architekten bei ihren Entwürfen berücksichtigen."

Erst der Inhalt, dann die Form

Bildgalerie Holocaust Gedenkstätte Jüdisches Museum in Berlin
Das Jüdische Museum in Warschau setzt andere Schwerpunkt als das in BerlinBild: AP

Denn anders als beim Jüdischen Museum in Berlin, das vom Architekten Daniel Libeskind entworfen wurde, haben die Initiatoren in Polen zuerst den Inhalt festgelegt. Erst dann wurde ein Wettbewerb für das Gebäude ausgeschrieben. Daran haben sich mehr als hundert Architekten beteiligt, darunter auch Daniel Libeskind. Gewonnen hat ein Entwurf aus Finnland. Es ist ein würfelförmiger Bau, in den sich ein wellenförmig gestalteter Durchgang einfügt. Dieser soll an das zurückweichende Rote Meer erinnern.

"Es ist eine völlig neue architektonische Vision für ein Museum", schwärmt Josef Thesing, der Vorsitzende des Vereins zur Förderung des Museums. "Das geteilte Rote Meer hat viel mit der jüdischen Geschichte zu tun. Deswegen ist es eine Symbolik." So habe es auch die internationale Jury verstanden: als eine Fortsetzung der Vergangenheit zur Gegenwart. Es sei eine Brücke zwischen dem, was war, und dem, was die Aufgabe des Museums in der Zukunft sei, sagt Thesing: "Die Kultur der Juden zu vermitteln, deutsch-polnische Begegnungen zustande zu bringen - aber immer auf der Basis der jüdischen Kultur."

Kein weiteres Holocaust-Museum

Nicht nur in der Form, sondern auch inhaltlich sind die Schwerpunkte in Warschau und Berlin unterschiedlich gesetzt. Das neue Jüdische Museum sei kein weiteres Holocaust-Museum, sagt Thesing. Der Holocaust gehöre natürlich dazu, aber er stehe nicht im Zentrum des Konzepts. Es sei vielmehr ein erzählendes Museum. "Wir möchten mit diesem Museum durch eine Reihe von Veranstaltungen und modernste Methoden die tausendjährige Geschichte der Juden in Polen darstellen und weiter vermitteln", so Thesing.

Willy Brandt kniet in Warschau
Wo 1970 Bundeskanzler Willy Brandt auf die Knie fiel, soll nun das Jüdische Museum entstehenBild: AP

Das Haus wird an einem symbolträchtigen Ort gebaut - im ehemaligen jüdischen Viertel Muranów, am Platz der Helden des Ghettoaufstandes. Von hier aus wurden während des Zweiten Weltkrieges Juden in Vernichtungslager deportiert. 1970 fiel an diesem Platz der damalige deutsche Bundeskanzler Willi Brandt auf die Knie - als Symbol für die Scham einer ganzen Nation für die Greueltaten während der NS-Zeit.

Unterstützung aus Deutschland

Dafür, dass das Museum zustande kommen kann, haben sich auch deutsche Förderer entscheidend eingesetzt. Als die Initiative des Jüdischen Historischen Instituts in Warschau 1994 dem damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog vorgestellt wurde, zeigte der sich begeistert und sagte Unterstützung zu. Wenige Jahre später sammelte ein Förderverein unter Herzogs Schirmherrschaft zwei Millionen Euro zur Anschubfinanzierung.

"Die deutsche Unterstützung am Anfang war für uns sehr wichtig. Denn sie hat uns Glaubwürdigkeit verschafft und auch andere Förderer angezogen", berichtet Museumschef Jerzy Halbersztadt. "Erst, als das Geld aus Deutschland sicher war, haben auch die polnische Regierung, die jüdischen Organisationen und andere institutionelle Partner das Projekt als realisierbar angesehen."

Einweihung 2009

55 Millionen Euro kostet das neue Museum. Sie werden zur Hälfte von der polnischen Regierung und der Stadt Warschau getragen. Der Rest kommt von jüdischen Privatspendern aus Europa und den USA. Und zuletzt hat auch die deutsche Bundesregierung eine Finanzspritze von fünf Millionen Euro zugesichert. Mit dem Bau wird nächstes Jahr begonnen. 2009 soll das Museum eingeweiht werden.