Israel-Hamas Krieg: Eine Chronologie der Eskalation
9. November 2023Angriff der Hamas
In den Morgenstunden des 7. Oktober startet die islamistische Hamas, die von der EU, den USA und anderen als Terrororganisation eingestuft wird, einen Großangriff auf Israel. Am jüdischen Feiertag Simchat Tora werden mehrere Tausend Raketen vom Gazastreifen auf israelische Siedlungen abgefeuert. Parallel dazu fallen hunderte schwer bewaffnete Terroristen zu Lande, mit Gleitschirmen aus der Luft und über das Meer auf israelisches Staatsgebiet ein.
In einer Reihe von Ortschaften und bei einem Musikfestival verüben die Männer wahllos Gräueltaten - vor allem an Zivilisten. Nach israelischen Angaben wurden 1400 Menschen getötet und mehr als 240 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
Israelische Reaktionen auf den Terrorangriff
Kurz nach dem Überfall startet die israelische Armee ihre Operation "Eiserne Schwerter" und beschießt Ziele im Gazastreifen. Bei den Luftangriffen wurden nach Angaben der Hamas bislang mehr als 10.500 Menschen getötet (Stand: 08.11.2023). Unabhängig überprüfen lässt sich diese Zahl nicht.
Am 9. Oktober beginnt Israel mit der Abriegelung des Gazastreifens. Die Regierung stellt Strom- und Lebensmittellieferungen ein und unterbricht die Wasserversorgung der 2,4 Millionen Einwohner des Gazastreifens. Zu diesem Zeitpunkt erlangen die Streitkräfte auch wieder die Kontrolle über das israelische Grenzgebiet.
Am 13. Oktober fordert Israel die Bewohner des nördlichen Gazastreifens auf, das Gebiet innerhalb von 24 Stunden zu verlassen. Hunderttausende Menschen kommen dieser Aufforderung nach. Die Wasserversorgung für den Süden des Gazastreifens wird ab dem 15. Oktober wieder hergestellt, die Blockade später etwas gelockert.
Politische Einheit
Das innenpolitisch tief gespaltene Israel bekommt am 11. Oktober eine Notstandsregierung der "nationalen Einheit". Der Oppositionspolitiker Benny Gantz tritt in die Regierung ein. Außerdem wird ein fünfköpfiges Kabinett für das "Krisenmanagement" gebildet. Ihm gehören Premierminister Benjamin Netanjahu, Verteidigungsminister Joav Galant und Benny Gantz an - der ehemalige Generalstabschef Gadi Eisenkot und Likud-Minister Ron Dermer haben in diesem Gremium einen Beobachterstatus.
Gefechte an der Grenze zum Libanon
Bereits kurz nach dem Terrorangriff der Hamas kommt es auch zu Gefechten an der israelischen Nordgrenze zum Libanon. Bei den bis heute andauernden Kämpfen mit der schiitischen Hisbollah-Miliz werden auch mehrere Journalisten verletzt und Reporter getötet. Mitglieder der UN-Beobachtermission UNIFIL geraten ebenfalls zwischen die Fronten.
Reaktion der Hisbollah
Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah droht am 3. November in seiner ersten Rede seit Kriegsbeginn mit einer Eskalation des Konflikts. Dennoch kommt es in der Folge nicht zu einer Ausweitung der bislang begrenzten Kämpfe an der libanesisch-israelischen Grenze.
Explosion am Krankenhaus
In Gaza-Stadt kommt es am 17. Oktober auf dem Gelände des christlichen Al-Ahli-Krankenhauses zu einer Explosion. Das israelische Militär macht eine fehlgeleitete Rakete der Terrororganisation Islamischer Dschihad für die Explosion verantwortlich. Die Hamas beschuldigt das israelische Militär. US-Geheimdienste schätzen die Zahl der Toten später auf "100 bis 300" - das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium von Gaza spricht von mindestens 471 Toten. In der Folge dieses Ereignisses gehen in der arabischen Welt Tausende Menschen auf die Straße.
Geiseln
Am 20. und 22. Oktober lässt die Hamas insgesamt vier verschleppte Frauen frei. Am 30. Oktober befreit die israelische Armee eine Soldatin. Ende Oktober erklärt sich die Hamas bereit, alle Geiseln im Austausch mit mehreren tausend in Israel zu Gefängnisstrafen verurteilten Palästinensern freizulassen.
Israelische Bodenoffensive
Am 26. Oktober dringen israelische Panzer für mehrere Stunden in den Gazastreifen ein. Am Abend des 27. Oktobers beginnt die Armee mit Bodenangriffen und rückt von Tag zu Tag weiter in den dicht besiedelten Küstenstreifen vor.
Am 5. November teilt die israelische Armee den Gazastreifen nach eigenen Angaben in zwei Hälften. Es gebe nun ein Nord- und Südgaza - zudem sei Gaza-Stadt vollständig eingekreist. Wenig später kommt es in der Stadt zu Kämpfen. Die israelische Armee konzentriert sich eigenen Angaben zufolge derzeit vor allem auf das Aufspüren und Zerstören von Tunneln, die der Hamas als Rückzugs- und Kommandobasis dienen. Die Dauerbombardierungen aus der Luft im Norden des Küstengebiets gehen derweil weiter.
Lage im Gazastreifen
Zwei US-amerikanische Geographen kommen in ihren Berechnungen zu dem Ergebnis, dass nach vier Wochen Krieg rund 15 Prozent aller Gebäude im Gazastreifen beschädigt oder zerstört sind. Zwischen 38.000 und 45.000 Gebäude wurden demnach durch die israelischen Bombardierungen zerstört.
Einen Monat nach Beginn des Krieges haben nach Angaben der israelischen Armee mehr als 900.000 Menschen den Norden Gazas verlassen. Das UN-Nothilfebüro OCHA spricht von rund 1,5 Millionen Binnenflüchtlingen im Gazastreifen. Der Küstenstreifen hat insgesamt mehr als 2,2 Millionen Einwohner.
Die humanitäre Lage im Gazastreifen vier Wochen nach Kriegsbeginn bezeichnet die US-amerikanische Krankenschwester Emily Callahan als dramatisch. Callahan war für Ärzte ohne Grenzen im Gazastreifen und wurde Anfang November von dort evakuiert.
Ihr Team habe "Kinder mit massiven Verbrennungen im Gesicht, am Hals und an allen Gliedmaßen gesehen", so Callahan gegenüber dem US-amerikanischen Sender CNN. Wegen der Überlastung der Krankenhäuser würden die Kinder sofort wieder entlassen und in Flüchtlingslager ohne Zugang zu fließendem Wasser geschickt.
Hilfe für die Bewohner von Gaza
Der erste Hilfskonvoi mit Lebensmitteln und medizinischer Hilfe trifft am 21. Oktober im Gazastreifen ein. Zuvor haben sich Israel und Ägypten auf die Öffnung des Grenzübergangs Rafah im Gazastreifen geeinigt. Hunderte Lastwagen können in den Tagen danach die Grenze passieren.
Verstöße gegen das Völkerrecht
UN-Generalsekretär António Guterres prangert am 24. Oktober "die eindeutigen Verletzungen des humanitären Völkerrechts" im Gazastreifen an. Drei Tage später fordert die UN-Generalversammlung in einer nicht bindenden Resolution eine "sofortige humanitäre Waffenruhe". Der UN-Sicherheitsrat konnte sich bislang nicht auf eine Resolution einigen.
Internationale Vermittlungsbemühungen
US-Außenminister Antony Blinken reist nach dem Großangriff der Hamas am 7. Oktober mehrfach in die Region. Auch andere westliche Politiker suchen in Israel das Gespräch mit der Regierung. Blinken bekräftigt bei seinen Besuchen das Recht Israels zur Selbstverteidigung, mahnt aber auch den Schutz der Zivilbevölkerung im Gazastreifen an. Am 21. Oktober findet in Kairo der sogenannte "Gipfel für den Frieden" statt, an dem zahlreiche Nachbarstaaten Israels, aber auch Delegationen aus Europa teilnehmen. Greifbare Ergebnisse gibt es nach der Konferenz aber nicht.
Am 8. November bekräftigt der israelische Minister für strategische Angelegenheiten, Ron Dermer, dass Israel den Gazastreifen nicht erneut besetzen will. Nachdem die islamistische Hamas zerschlagen sei, werde Israel aber "für unbestimmte Zeit" eine "allgemeine Verantwortung für die Sicherheit" tragen.
(Mit AFP)