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Islamisten kontrollieren Falludscha

4. Januar 2014

Mehr als zehn Jahre nach der US-Invasion im Irak ist die westirakische Stadt Falludscha wieder in der Hand islamistischer Rebellen. Zuletzt gab es dort und im nahegelegenen Ramadi die schwersten Gefechte seit Jahren.

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Sunnitische Kämpfer marschieren bei einer Beerdigung durch Falludscha (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Ein ranghoher Sicherheitsbeamter sagte am Samstag, Falludscha sei von der Extremistengruppe "Islamischer Staat im Irak und der Levante" (ISIL) erobert worden, die dem Terrornetzwerk El Kaida nahesteht. Demnach werden nur noch einzelne Vororte von der Polizei gehalten. Ein Reporter der Nachrichtenagentur afp berichtete, dass in der Innenstadt weder Sicherheitskräfte noch die mit ihnen verbündeten Stammesmilizen zu sehen seien. "Alles ist ausgestorben wie in einer Geisterstadt", sagte ein Bewohner. "Alle Läden sind geschlossen."

Nach Angaben von Augenzeugen hatten sich am Freitag zum Mittagsgebet hunderte Bewaffnete mit den schwarzen Flaggen der Dschihadisten im Zentrum der Stadt versammelt und einen "islamischen Staat" ausgerufen. Ministerpräsident Nuri al-Maliki kündigte inzwischen die Beseitigung "aller Terrorgruppen" an. Die Regierung werde "nicht nachgeben", bis dies erreicht und die "Rettung des Volkes" vollendet sei, zitierte ihn der staatliche Fernsehsender Irakija.

Auslöser der jüngsten Gewalteskalation war die Räumung eines sunnitischen Protestlagers in der Provinzhauptstadt Ramadi am Montag. Ministerpräsident al-Maliki hatte das Lager als Hauptquartier der Al-Kaida-Führung in der Region bezeichnet. Die gewaltsame Räumung löste jedoch blutige Gefechte aus. Der weitgehende Rückzug der Sicherheitskräfte aus Ramadi und Falludscha ermöglichte dann den Kämpfern von ISIL, sich in beiden Städten festzusetzen.

Auch Artillerie im Einsatz

Regierungsmedien in Bagdad hatten am Freitag gemeldet, Armee-Einheiten hätten die Extremisten aus den okkupierten Polizeiwachen vertrieben. Offenbar zogen sich die Einheiten aber danach wieder aus Falludscha zurück, sodass die Militanten der ISIL erneut einrücken konnten. Allein am Freitag sollen bei Gefechten mehr als 100 Menschen getötet worden sein, darunter 62 Aufständische. Inzwischen setzte die Armee in Falludscha Artillerie gegen die Extremisten ein. Durch den Beschuss wurden am Samstag mindestens acht Menschen getötet, wie Stammes- und Behördenvertreter sagten.

Der Kommandeur der Bodentruppen, General Ali Ghaidan Madscheed, teilte mit, bei zwei Einsätzen in der Nähe von Ramadi sowie bei Garma unweit von Falludscha hätten seine Soldaten 55 Al-Kaida-Kämpfer getötet. Sicherheitsbeamte teilten ergänzend mit, bei den Gefechten habe es auf Seiten der Armee acht Tote gegeben.

In der Provinzhauptstadt Ramadi hatten Soldaten am Freitag bei Kämpfen den lokalen Islamisten-Kommandeur Abu Abdelrahman al-Bagdadi getötet. Dort soll die Lage nach Angaben eines Polizeivertreters derzeit ruhig sein. Die Rebellen hielten zwar weiterhin mehrere Viertel im Zentrum der Stadt, doch drängten Spezialkräfte sie aus anderen Stellungen zurück.

Zerstörte Polizeifahrzeuge nach Kämpfen in Ramadi (Foto: Reuters)
Zerstörte Polizeifahrzeuge nach Kämpfen in RamadiBild: Reuters

Falludscha war nach dem US-Einmarsch im Frühjahr 2003 eine der Hochburgen der sunnitischen Rebellen und Schauplatz monatelanger Kämpfe. Schließlich gelang es den US-Streitkräften mit Hilfe regionaler Stammesmilizen, die Stadt und die angrenzende Provinz Anbar unter Kontrolle zu bringen. Laut der unabhängigen Webseite icasualties.org wurden ein Drittel aller im Irak gefallenen US-Soldaten in der Provinz Anbar getötet.

Religiöser Dauerkonflikt

Nach dem Abzug der US-Truppen Ende 2012 gewannen die islamistischen Rebellen im vorwiegend sunnitischen Anbar wieder an Boden. Nach Angaben von Analysten profitiert die sunnitische ISIL unter anderem von der Verärgerung der sunnitischen Bevölkerung auf die Politik der schiitisch dominierten Regierung Al-Maliki. Viele Mitglieder der sunnitischen Minderheit im Irak fühlen sich von der Regierung diskriminiert, zudem klagen sie über gezielte Repressalien der Sicherheitskräfte.

Unter dem 2003 gestürzten Machthaber Saddam Hussein hielten Sunniten die Schlüsselstellungen im Staat, die meisten Iraker sind aber Schiiten. Die Feindschaft spielt auch im Nachbarland Syrien eine große Rolle, wo ein Bürgerkrieg tobt. Dort wird der Aufstand gegen Präsident Baschar al-Assad vor allem von Sunniten getragen.

kle/uh (afp, rtr, dpa)