Iranischer Präsident Raisi stirbt bei Hubschrauberabsturz
20. Mai 2024Der iranische Präsident Ebrahim Raisi und Außenminister Hussein Amirabdollahian sind bei einem Hubschrauberabsturz im Iran ums Leben gekommen. Keiner der insgesamt neun Insassen des Helikopters habe überlebt, berichten die staatliche Nachrichtenagentur Irna und das Staatsfernsehen.
Zur Ursache des Unglücks gibt es bislang keine offiziellen Informationen. Raisi war am Sonntagnachmittag zusammen mit dem Minister auf der Rückreise von einem Treffen mit dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Aliyev, als ihre Maschine bei dichtem Nebel vom Radar verschwand.
Gemeinsam hatten sie im Nachbarland einen Staudamm eingeweiht. Mit insgesamt drei Hubschraubern machte sich der Tross danach auf den Rückweg gen Iran, doch die Präsidentenmaschine kam nicht an ihrem Bestimmungsort an. Laut iranischen Medien liegt der Unglücksort in der Nähe von Dscholfa, mehr als 600 Kilometer von der Hauptstadt Teheran entfernt, nahe der Grenze zu Aserbaidschan.
Luftwaffe stark veraltet
Daraufhin entbrannten Spekulationen, ob der Absturz auf schlechtes Wetter, einen technischen Defekt am Hubschrauber oder gar Sabotage zurückzuführen sei. Klarheit darüber gibt es derzeit nicht.
Die iranische Luftwaffe gilt als stark veraltet, ihre Modernisierung kommt angesichts scharfer internationaler Sanktionen kaum voran, Ersatzteile sind schwer zu beschaffen. Viele Flugzeuge und Helikopter stammen noch aus der Zeit vor der Islamischen Revolution von 1979, als das Land enge Beziehungen zu den USA unterhielt. Immer wieder kommt es zu folgenschweren Unfällen und Abstürzen.
Fünftägige Staatstrauer angeordnet
Stundenlang suchten Rettungskräfte bei strömenden Regen, Nebel und in schwierigem Terrain nach der Absturzstelle, ehe sie die Trümmer des Helikopters am frühen Morgen an einem Hang entdeckten. Iranische Medien zeigten Bilder eines völlig ausgebrannten Wracks.
Irans erster Vizepräsident Mohammed Mochber leitete am späten Sonntagabend eine Notsitzung des Kabinetts. Das Protokoll sieht vor, dass er nach dem Tod des Präsidenten die Amtsgeschäfte als Regierungschef weiterführt. Inzwischen wurde er vom politischen und geistlichen Oberhaupt der Islamischen Republik, Ajatollah Ali Chamenei, zum Interimspräsidenten ernannt. Laut der Verfassung müssen nun innerhalb von 50 Tagen Neuwahlen stattfinden. Chamenei rief zudem eine fünftägige Staatstrauer aus.
Das Unglück dürfte die Islamische Republik nach Ansicht von Beobachtern in eine politische Krise stürzen. Mangels Alternativen dürfte sich die Suche nach einem langfristigen Nachfolger für Raisi schwierig gestalten. Amirabdollahian war als Außenminister seit Beginn des Israel-Hamas-Krieges verstärkt in die Öffentlichkeit gerückt und hatte zahlreiche Reisen zu Verbündeten unternommen.
Regierung wegen repressiver Politik in der Kritik
Während Regierungsanhänger um die Staatsmänner trauerten, brachten zahlreiche Iranerinnen und Iraner in sozialen Medien ihre Schadenfreude über den Hubschrauberabsturz zum Ausdruck. Raisis Regierung steht seit Jahren wegen ihrer erzkonservativen Wertevorstellungen, der Unterdrückung von Bürgerrechten und der schweren Wirtschaftskrise im Iran in der Kritik.
Religionsführer Ali Chamenei versicherte bereits am Sonntag, dass die Regierungsgeschäfte in keinem Fall beeinträchtigt würden. "Es wird keine Unterbrechung der Aktivitäten des Landes geben", zitierte ihn die staatliche Nachrichtenagentur Irna.
Raisi war im August 2021 als neuer Präsident vereidigt worden. Der erzkonservative Kleriker wurde damit offiziell Nachfolger von Hassan Ruhani, der nach zwei Amtsperioden nicht mehr antreten durfte. Als Spitzenkandidat der politischen Hardliner sowie Wunschkandidat und Protegé des Religionsführers Chamenei hatte Raisi die Präsidentenwahl mit knapp 62 Prozent der Stimmen gewonnen.
Der Iran stand zuletzt verstärkt in den Schlagzeilen, auch weil ein regionaler Krieg mit dem Erzfeind Israel zu drohen schien. Während Raisis Amtszeit vertiefte die Islamische Republik ihre wirtschaftliche und militärische Kooperation mit China und Russland, die Beziehung zum Westen kühlte unter anderem wegen des Streits über das iranische Atomprogramm ab. Außerdem wirft der Westen der Führung in Teheran schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen vor.
gri/kle (dpa, afp, rtr)