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Politik

Europäer in Trumps Falle

Barbara Wesel Kommentarbild App *PROVISORISCH*
Barbara Wesel
6. Januar 2020

Wieder einmal sind die Europäer die Leidtragenden von Donald Trumps Art, Politik aus dem Bauch heraus zu machen. Jetzt bleibt ihnen nur, an den Selbsterhaltungswillen in Teheran zu appellieren, meint Barbara Wesel.

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Iran Trauerzeremonie für getöteten General Soleimani in Teheran

Es war ein dramatischer Start in ein Jahr, das eine wilde politische Achterbahnfahrt zu werden droht. Die Europäer, in ihrem Feiertagsfrieden durch die Meldung von der unerwarteten Tötung des zweitmächtigsten Mannes des Iran aufgeschreckt, müssen jetzt die Folgen ausbaden. Nicht informiert und machtlos wie üblich, stehen sie einmal mehr vor den Konsequenzen unilateraler Spontanentscheidungen des US-Präsidenten. Sie sitzen in der Trump-Falle und können sich aus eigener Macht daraus nicht befreien. 

Keine Illusionen

Alle Illusionen, dass es mit der Regierung in Washington eine auch nur halbwegs rationale Zusammenarbeit in der Außenpolitik geben könnte, sind längst dahin. Zynische Sprüche von US-Außenminister Mike Pompeo, der die Europäer  beschuldigt, sie ließen es im Nahen Osten an Unterstützung mangeln, betonen noch ihre Hilflosigkeit. Man fragt sich, woran er dabei nach dem Tod von Soleimani denken mag - Truppen für einen US-geführten Krieg im Nahen Osten? Es ist der Schuss Wahnsinn in seinen und Präsident Trumps Erklärungen, der die gefährliche Situation noch verstörender macht.

Nun hatte der US-Präsident eigentlich versprochen, endlose Kriege im Nahen Osten zu beenden und amerikanische Soldaten nach Hause zu bringen. Wie das mit dem Schlag gegen Soleimani zusammen passt, können auch erfahrene Beobachter amerikanischer Nahostpolitik nicht erklären. Es wird befürchtet, dass hinter dem Aktionismus und der Drohnenattacke am Flughafen von Bagdad einfach keine weiterführende Strategie steht. 

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DW-Korrespondentin Barbara Wesel

Hier geht es nicht einmal um "Amerika zuerst", Trumps erklärtes Ziel, wenn es um Wirtschaftsbeziehungen geht. Die Europäer finden sich außenpolitisch in der Falle einer US-Politik, die von den emotionalen Aufwallungen eines unberechenbaren Präsidenten und seinen Unterstützern aus machttrunkenen Neocons geprägt ist, die in Washington an die Hebel der Macht zurückgekehrt sind. Im Grunde ist ihre einzige Erklärung für die Tötung von Suleimani zu diesem Zeitpunkt: "Because we can - weil wir es können."

Europa bleibt nur die Diplomatie

Zugegeben: Die Europäer sehen schwach und hilflos aus, wenn sie in ihren gemeinsamen Erklärungen jetzt zur Deeskalation mahnen, nachdem ihr mutmaßlicher Partner USA gerade alles zur Verschärfung der Lage getan hat. Aber es gibt möglicherweise ein Fenster für diplomatische Versuche, Schlimmeres zu verhindern. Klar ist, dass Teheran einen Gegenschlag plant; wie der im Detail aussieht, wird darüber entscheiden, ob es zu einer weiteren Eskalation kommt oder nicht. Die Entscheidung darüber ist möglicherweise noch offen. EU-Chefdiplomat Borell hat als erstes den Kontakt zum iranischen Außenminister gesucht und will bei einem Krisentreffen der Europäer auf ihn einwirken.

Zwar hat Teheran inzwischen ein Ende seiner Verpflichtungen zur Nichtanreicherung von Brennstäben aus dem Atomabkommen erklärt, das Großbritannien, Frankreich und Deutschland im letzten Jahr mit Mühe am Leben erhalten hatten. Aber auch diese Tür ist nicht endgültig geschlossen, solange noch Inspektoren ins Land dürfen. Es gibt noch ein paar Signale dafür, dass die iranische Regierung mit den Europäern reden könnte. 

Klar ist, dass auch in Europa niemand Ghassem Soleimani eine Träne nachweint. Er hat hunderttausende Tote vor allem in Syrien und Jemen zu verantworten und war Schutzherr eben jener Stellvertreterkriege und Milizen, die Irans Vorherrschaft in der Region zementieren sollen. Die blutige Unterdrückung jeglichen Widerstandes  gehörte dabei zum Programm. Dennoch verursachte seine unerwartete Tötung eine Schockwelle.

Zu Jahresbeginn der Blick in den Abgrund

Die Europäer müssen jetzt ihre noch existierenden Kontakte zur iranischen Regierung nutzen und an den Überlebenswillen des Regimes appellieren. Teheran weiß, dass es eine direkte militärische Konfrontation mit den USA verlieren würde. Und die wirtschaftliche Lage im Lande ist bereits angespannt, wie die jüngste Protestwelle gezeigt hat.

Gibt es noch Raum für eine politische Lösung? Die europäischen Unterhändler haben hier quasi keine Chance, müssen sie aber nutzen. Die Drohung eines offenen Krieges könnte dabei den Bemühungen der Diplomaten Nachdruck verschaffen. Andererseits wird das neue Jahr schnell zeigen, wie stark derzeit bei allen Beteiligten der Hang zum Selbstmord ist. Man hätte mit diesem Blick in den politischen Abgrund gern noch ein paar Monate gewartet.