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Politik

Iran: Europäer sollen nicht vor USA kuschen

17. Februar 2019

Der iranische Außenminister wirft den USA eine "pathologische Besessenheit" im Hinblick auf den Iran vor. Die Europäer sollten mutiger für Multilateralismus eintreten und sich von Washington nicht einschüchtern lassen.

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Deustchland München MSC Mohammed Dschawad Sarif
Bild: Reuters/A. Gebert

Wohl bei keinem Punkt waren die Meinungsunterschiede zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Vizepräsident Mike Pence bei der Münchner Sicherheitskonferenz so deutlich zutage getreten wie beim Thema Iran. Zwar hatte auch Merkel am Samstag von "schädlichen und schwierigen Wirkungen" des Iran gesprochen, aber gesagt, das Atomabkommen sei "der kleine Anker, den wir noch haben, um auf anderen Gebieten Druck zu machen". Pence auf der anderen Seite zeigte sich kompromisslos. Er warf der iranischen Regierung vor, einen neuen Holocaust zu planen. Die Europäer sollten deshalb aus dem Atomabkommen mit dem Iran aussteigen.

Wenn Merkel geglaubt hat, mit ihrer vermittelnden Rede beim iranischen Außenminister Mohammed Dschawad Sarif in München zu punkten, lag sie nur zum Teil richtig. Denn Sarif geißelte zwar, wie erwartet, die amerikanische Forderung. Er warf den Europäern aber auch Duckmäusertum vor. Sie seien für ihre Haltung "nicht bereit, einen Preis zu zahlen". Oder, in Anspielung auf Merkels Lobpreisung des Multilateralismus: "Europa muss bereit sein, nass zu werden, wenn es gegen die gefährliche Strömung des amerikanischen Unilateralismus anschwimmen will." Zwar haben Deutschland, Frankreich und Großbritannien als Mitunterzeichner des Nuklearabkommens im Januar ein eigenes Zahlungssystem für den Iran-Handel geschaffen, mit dem sie ihre Firmen vor US-Sanktionen schützen wollen. Das reicht aber nach Meinung Sarifs nicht aus, um das Abkommen zu retten.

Munich Security Conference in Munich Mike Pence
Das Händeschütteln konnte nicht über die tiefen Meinungsunterschiede zwischen Pence und Merkel hinwegtäuschenBild: Reuters/M. Dalder

Sarif: "Sollen wir uns mit Schwertern verteidigen?"

Sarifs Beschreibung der amerikanischen Position gegenüber seinem Land strotzte nur so vor Emotionen: Er sprach von einer "Dämonisierung", von "hasserfüllten Beschuldigungen", von einer "pathologischen Besessenheit" der USA. Die Vereinigten Staaten gefährdeten die gesamte Region, indem sie einseitig Saudi-Arabien und seine Verbündeten mit Waffen versorgten - ebenso wie die Europäer - und den Iran schutzlos seinen Feinden auslieferten: "Wir haben ein Recht, uns selbst zu verteidigen", sagte Sarif und klagte: "Niemand verkauft uns auch nur ein einziges Kampfflugzeug." Rhetorisch fragte er: "Wie sollen wir uns verteidigen, mit Schwertern?"

Der Iran und Saudi-Arabien sind nicht nur direkt miteinander verfeindet, sie stehen auch bei den Kriegen in Syrien und dem Jemen auf unterschiedlichen Seiten. Beide haben jeweils ihre Verbündeten. Viele Beobachter befürchten, dass es früher oder später zu einem großen bewaffneten Konflikt zwischen den beiden regionalen Mächten und deren Verbündeten kommen wird. Die jemenitische Politikerin, Menschenrechtsaktivistin und Friedensnobelpreisträgerin Tawakkul Karman hatte zuvor in München westlichen Staaten vorgeworfen, durch ihre Waffenlieferungen an Saudi-Arabien am Krieg im Jemen mitverantwortlich zu sein.

Jemen: Nach Luftangriff auf Sanaa
Auch mit europäischen Waffen? Nach einem Luftangriff der von Saudi-Arabien geführten Militärkoalition im Jemen Bild: picturea-lliance/H. Al-Ansi

Irans Gegner bleiben Konferenz fern

Es ist die Stärke der Münchner Sicherheitskonferenz, auch und gerade Personen mit sehr unterschiedlichen Positionen zu Wort kommen zu lassen, so wie diesmal Merkel und Pence. Beide sind allerdings nicht zusammen aufgetreten, sondern hintereinander. 

Beim Thema Iran fehlte selbst dies, was allerdings nicht die Schuld der deutschen Gastgeber war. Denn neben dem iranischen Außenminister waren auch der saudische Staatssekretär Adel al-Jubair und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu eingeladen; beide haben aber abgesagt.

Allerdings nahm der ehemalige israelische Militärchef Benjamin Gantz an der Sicherheitskonferenz teil, wenn auch nicht als offizieller Redner. Gantz, der sich Chancen ausrechnet, nach der israelischen Parlamentswahl im April nächster Regierungschef zu werden, sagte am Rande der Münchner Tagung zu Sarifs Äußerungen: "Lassen Sie sich nicht von seinen Lügen zum Narren halten. Mit mir gibt es keine Beschwichtigung."

Christoph Hasselbach
Christoph Hasselbach Autor, Auslandskorrespondent und Kommentator für internationale Politik