Iran blockiert private Internet-Verbindungen
15. März 2013Es gibt neue Aktivitäten der iranischen Internet-Polizei. Schon seit längerem versucht die Führung des Iran, ein systemkonformes "Halal-Internet" aufzubauen und der aktiven Bloggerszene die illegalen Wege ins Netz zu versperren oder zu erschweren. Offenbar wurden jetzt die VPN-Verbindungen, also die Zugänge zu einem virtuellen privaten Netz, gesperrt. Genauer gesagt, gesperrt wurden die illegalen VPN-Verbindungen, nicht aber die offiziellen staatlich lizenzierten. Diese sicheren Verbindungen werden im Iran im Behörden- und Geschäftsverkehr stark genutzt, unterliegen aber der Kontrolle und dem Zugriff durch die Zensurbehörden.
Die iranischen Internetanbieter blockieren viele ausländische Internetseiten, unter anderem soziale Netzwerke wie Facebook. Sie werden als "sittenwidrig" oder "konterrevolutionär" eingestuft.
Die nötige VPN-Software, um Zugang zu diesen verbotenen Netzwerken zu bekommen oder um Nachrichten in der Blogosphäre auszutauschen, konnten sich die Internetnutzer im Iran bislang relativ problemlos besorgen. Damit ist es jetzt offenbar erstmal vorbei. Zwei Tage, nachdem im Iran Medienberichte über die neuen Maßnahmen erschienen, beobachtet beispielsweise die Farsi-Redaktion der Deutschen Welle einen Rückgang ihrer Seitenabrufe. Gleichzeitig ist der Zugriff auf die Psiphon-Software stark gestiegen, eine Antifilter-Technologie, die in den vergangenen Monaten von der Deutschen Welle für ihre Nutzer bereitgestellt wurde. Ähnliches Verhalten der Nutzer hat die persische Redaktion des britischen Nachrichtensenders BBC registriert.
"Neue Umwege werden gefunden"
"Man kann sich eine Burg vorstellen, deren Tore bis jetzt für alle geöffnet waren. Zukünftig sind nur die 'legalen' Tore, also die staatlich kontrollierten VPN-Zugänge geöffnet", so schildert der in Deutschland lebende iranische IT-Experte Mahmoud Tadjallimehr gegenüber der Deutschen Welle die neue Lage. Er hält den Rückgang der Netzaktivitäten der User nur für ein vorübergehendes Phänomen. Seiner Meinung nach werden sich Blogger und Netzaktivisten bald neue Umwege einfallen lassen. "Das ist nur eine Frage der Zeit", meint der IT-Experte.
Ehsan Norouzi, IT-Experte und Mitarbeiter der DW-Farsi-Redaktion, schätzt die Lage für die User dagegen etwas pessimistischer ein. Die Führung werde bis zu den Präsidentschaftswahlen im Juni dieses Jahres versuchen, die Kontrolle über das Internet so eng wie möglich zu halten. Eine Neuauflage der vor allem über das Internet organisierten Proteste nach den umstrittenen Wahlen 2009 wolle sie unbedingt verhindern. Andererseits verweist Norouzi auf die "unendlichen Möglichkeiten des Internets" und ist sich wie Mahmoud Tadjallimehr sicher, dass die Nutzer im Iran früher oder später eine sichere Alternative finden werden.