Iran bestellt deutschen Geschäftsträger ein
1. November 2024Der Iran hat die Schließung seiner drei Generalkonsulate in Deutschland als Einmischung in innere Angelegenheiten verurteilt und als Zeichen des Protests den Geschäftsträger der deutschen Botschaft einbestellt. Die Entscheidung von Außenministerin Annalena Baerbock, Iranern und Deutschen konsularische Dienste in Deutschland zu verweigern, sei "ungerechtfertigt", erklärte das iranische Außenministerium auf dem Onlineportal "Iran Nuances".
Ob die Regierung in Teheran noch weitere Maßnahmen ergreift, ist unklar. Beobachter rechnen jedoch mit härteren Schritten. Die Bundesregierung hatte zuvor die Schließung der iranischen Vertretungen in Frankfurt am Main, Hamburg und München verfügt. Die insgesamt 32 konsularischen Beamten, die davon betroffen sind, verlieren ihr Aufenthaltsrecht und müssen ausreisen, sofern sie nicht andere Gründe geltend machen können, etwa eine EU-Staatsbürgerschaft.
Botschaft in Berlin bleibt geöffnet
Die Botschaft der Islamischen Republik in Berlin bleibt aber geöffnet; sie ist weiter für die konsularische Betreuung der 300.000 Iraner in Deutschland zuständig. Zur Zahl ihrer Mitarbeiter macht das Auswärtige Amt keine Angaben. Einen vergleichbaren Schritt wie die Schließung der Generalkonsulate hatte es zuletzt zum Jahreswechsel 2023/24 gegeben, als Deutschland infolge des Angriffs auf die Ukraine mit 15-monatiger Verzögerung vier russische Generalkonsulate schloss.
Die jüngste Maßnahme ist eine Reaktion auf die Hinrichtung des deutsch-iranischen Doppelstaatlers Djamshid Sharmahd, die der Iran am Montag bekanntgegeben hatte. Sharmahd war im Frühjahr 2023 in einem umstrittenen Prozess nach Terrorvorwürfen zum Tode verurteilt worden. Die Bundesregierung, Angehörige und Menschenrechtler hatten die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen zurückgewiesen und darauf verwiesen, dass angebliche Geständnisse mutmaßlich durch Folter erpresst wurden.
Spiegelbildliche Reaktion
Bereits nach dem Todesurteil gegen den Deutsch-Iraner hatte das Auswärtige Amt zwei iranische Diplomaten ausgewiesen. Der Iran reagierte seinerseits mit der Ausweisung zweier deutscher Diplomaten, was dem üblichen Vorgehen in solchen Fällen entsprach.
Baerbock erklärte nun, die Bundesregierung habe den Iran für den Fall von Sharmahds Hinrichtung mehrfach vor schwerwiegenden Folgen gewarnt. Zugleich verlangte sie die Freilassung mehrerer im Iran inhaftierter Deutscher - deren genaue Zahl ist nicht bekannt. Das Auswärtige Amt warnt vor Reisen in den Iran; es hat deutsche Staatsbürger bereits aufgefordert, das Land zu verlassen.
Die Ministerin kündigte an, sich auf EU-Ebene für schärfere Sanktionen gegen die Islamische Republik einzusetzen. Die Grünen-Politikerin forderte, Brüssel müsse die iranischen Revolutionsgarden offiziell als Terrororganisation einstufen. Die Europäische Union berät derweil über weitere Schritte gegen Teheran. Dabei könnte es um Strafmaßnahmen gegen Personen gehen, die mit der Hinrichtung, der Inhaftierung oder dem Gerichtsverfahren zu tun hatten.
Sharmahd war im Alter von sieben Jahren nach Deutschland gekommen. Er wuchs in Niedersachsen auf. Später betrieb er in der Landeshauptstadt Hannover jahrelang einen Computerladen. Im Jahr 2003 zog er schließlich nach Kalifornien in den USA. Dort war Sharmahd in der iranischen Exil-Oppositionsgruppe "Tondar" (Donner) aktiv. Die iranische Staatsführung wirft der monarchistischen Organisation vor, für einen Anschlag 2008 in der Millionenstadt Schiras verantwortlich zu sein, bei dem mehrere Menschen getötet wurden. Die Vorwürfe lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Bei Zwischenstopp in Dubai entführt
Im August 2020 brachten die iranischen Behörden Sharmahd in ihre Gewalt. Nach Angaben seiner Familie verschleppten ihn Angehörige des Geheimdienstes auf einer Reise während eines Zwischenstopps in Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten, ehe er sich in iranischer Haft wiederfand.
jj/sti (dpa, afp)