Israelische Waffenreste im Iran gefunden
30. November 2020Der englischsprachige iranische Sender Press TV berichtet, bei dem Attentat sei eine israelische Waffe zum Einsatz gekommen. Darauf seien das Logo und Leistungsmerkmale der israelischen Rüstungsindustrie entdeckt worden. Der arabischsprachige Kanal Al-Alam des Staatsfernsehens meldet, die Waffe sei "von Satelliten kontrolliert" worden. Bei der feierlichen Beisetzung des führenden Atomwissenschaftlers Mohsen Fachrisadeh warf Ali Shamkhani, der Sekretär des Obersten Nationalen Sicherheitsrates, Israel vor, elektronische Hilfsmittel eingesetzt zu haben, um den Wissenschaftler aus der Ferne zu töten. Bei der "komplizierten Operation" sei kein Mensch anwesend gewesen.
Der Wissenschaftler war am Freitag in einem Auto nahe der Hauptstadt Teheran angegriffen worden und später seinen Verletzungen erlegen. Zunächst gaben die Behörden an, ein Lastwagen sei explodiert und Bewaffnete hätten das Feuer auf den Forscher eröffnet, der an seinen Verletzungen gestorben sei.
Vorwürfe gegen Israel
Staatspräsident Hassan Rohani beschuldigte Israel und die USA, hinter der Tat zu stecken. Für die Ermordung des Atomphysikers fordern die Hardliner im Land Rache. Ihr Sprachrohr, die Tageszeitung "Kejhan", verlangt gar einen militärischen Angriff auf die israelische Hafenstadt Haifa. Präsident Rohani warnte jedoch vor einer drastischen Reaktion, da die Attentäter genau dies bezwecken wollten, um einen neuen Konflikt mit dem Iran zu provozieren. Der israelische Geheimdienstminister Eli Cohen sagte derweil im Hörfunk, er wisse nicht, wer für die Tötung von Fachrisadeh verantwortlich sei.
Der Vorfall löste international Angst vor einer Gewalt-Eskalation im Nahen Osten aus. In westlichen Staaten und in Israel stand der Wissenschaftler im Verdacht, der Architekt eines verdeckten Atomwaffenprogramms gewesen zu sein. Der Iran bestreitet, nach Atomwaffen zu streben.
Wie reagieren Trump und Biden?
Fachrisadehs Tod könnte in den letzten Wochen der Amtszeit von US-Präsident Donald Trump den Konflikt mit dem Iran verschärfen. Zugleich dürfte es dem designierten neuen Präsidenten Joe Biden die Bemühungen erschweren, die Entspannungspolitik aus der Zeit von Trumps Vorgänger Barack Obama wiederzubeleben. Nach Bidens Sieg hatte es im Iran Hoffnungen auf eine Annäherung an den Erzfeind USA gegeben.
In diesem Zusammenhang äußerte sich Außenminister Mohammed Dschawad Sarif maßvoll. In einem Video-Interview des Nachrichtenportals Entechab sagte er, sein Land wolle die Spannungen mit den USA unter der Präsidentschaft Bidens reduzieren. "Wir wollen ja keine Freundschaft anfangen, sondern nur unnötige Spannungen und Feindseligkeiten abbauen", sagte Sarif. Eine Annäherung an die USA nach Bidens Amtsantritt sei im Interesse des Landes und Volkes.
Forscher als "Märtyrer" gewürdigt
Wegen der Corona-Krise durften nur Familienmitglieder des Physikers und hochrangige iranische Behördenvertreter an der Beisetzung in Teheran teilnehmen. Anwesend waren etwa Verteidigungsminister Amir Hatami und der Chef der Revolutionsgarden, Hossein Salami. Hatami würdigte Fachrisadeh als "Märtyrer". Der Minister betonte: "Unsere Feinde wissen, dass kein Verbrechen im Iran unbeantwortet und unbestraft bleiben wird." Auch sollten die "Terroristen" wissen, dass der Märtyrertod im Iran eine Ehre sei. Der tödliche Anschlag werde den Fortschritt des iranischen Atomprogramms nicht stoppen, da Fachrisadehs Weg von iranischen Wissenschaftlern "noch konsequenter" fortgesetzt werde.
In der Nacht zum Sonntag war der Leichnam des Wissenschaftlers zum Mausoleum des schiitischen Imams Reza in die heilige Stadt Maschhad gebracht worden. In einer religiösen Zeremonie wurde Fachrisadehs Sarg um den Schrein getragen - ein Tribut, den sich der Iran für seine bedeutendsten "Märtyrer" vorbehält.
kle/sti (rtr, afp, dpa)