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Politik

Iran droht mit Gegenschlag

28. November 2020

Nach den tödlichen Schüssen auf einen hochrangigen Kernphysiker im Iran weist dessen geistlicher Führer Richtung Westen und droht mit Vergeltung. Das Atomprogramm werde unbeirrt fortgesetzt.

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Iran | Ali Khamener tifft Mitgliedern des Nationalen Anti-Corona-Stab
Irans oberster Führer Ajatollah Ali Chamenei: Täter und Verantwortliche sollen bestraft werden (Archivbild)Bild: MEHR

Nach massiven Vorwürfen gegen Israel hat der Iran nun auch den USA eine Mitverantwortung an dem Attentat auf den hochrangigen Atomforscher Mohsen Fachrisadeh vorgeworfen. Die iranische Führung müsse "das Verbrechen verfolgen und die Täter, und diejenigen, die das befohlen haben, bestrafen", schrieb das geistliche und politische Oberhaupt des Irans, Ajatollah Ali Chamenei, auf Twitter. Chamenei erklärte auf seiner Webseite, die wissenschaftlichen Bemühungen des Fachrisadehs würden in allen Bereichen fortgesetzt.

Präsident Hassan Rohani kündigte in einer im Fernsehen übertragenen Kabinettssitzung an, sein Land werde "zum richtigen Zeitpunkt" reagieren. Er beschuldigte Israel, mit dem Attentat "Chaos" schüren zu wollen. Die USA seien mit Israel für den Tod Fachrisadehs verantwortlich, so Rohani weiter. 

Fachrisadeh war am Freitag in Ab-Sard, einem östlichen Vorort der Hauptstadt Teheran, angeschossen worden. Er erlag später seinen Verletzungen. Der 59-jährige Kernphysiker gehörte den Revolutionsgarden an. Zuletzt leitete Fachrisadeh die Abteilung für Forschung und technologische Erneuerung im Verteidigungsministerium.

Iran I Mord an Mohsen Fakhrizadeh
Aufnahme vom Tatort, veröffentlicht durch iranische MedienBild: Tasnim

Der iranische Atomchef Ali-Akbar Salehi versicherte, Fachrisadehs Ermordung werde den Fortschritt des iranischen zivilen Atomprogramms weder aufhalten noch beeinträchtigen. "Der Weg Fachrisadehs wird jetzt erst recht noch intensiver fortgesetzt", sagte er. Die Vereinigten Staaten hatten 2008 Sanktionen gegen den Raketenexperten verhängt. 2018 waren die USA aus dem internationalen Atomabkommen ausgestiegen, das den Iran am Bau einer Atombombe hindern, ihm aber die zivile Nutzung von Nuklearenergie ermöglichen soll. Im Anschluss hatte Washington schärfere Sanktionen gegen Teheran verhängt. Viele westliche Länder verdächtigen den Iran, heimlich nach Atomwaffen zu streben. Nach iranischer Darstellung wurden entsprechende Projekte 2003 eingestellt.

Maas mahnt Zurückhaltung an

Bundesaußenminister Heiko Maas rief zur Besonnenheit auf. Man appelliere "eindringlich" an alle Beteiligten, "von Schritten abzusehen, die zu einer weiteren Eskalation der Lage führen könnten", sagte Maas den Zeitungen der Funke Mediengruppe mit Blick auf mögliche Verhandlungen zu Irans Atomprogramm. Zwar habe man noch keine eigenen Erkenntnisse zu dem Vorfall vom Freitag, klar sei aber, "dass die Tötung von Mohsen Fachrisadeh die Lage in der Region erneut zuspitzt - in einer Zeit, in der wir gerade eine solche Eskalation überhaupt nicht gebrauchen können". 

"Israel hat in der Vergangenheit Atomwissenschaftler getötet"

Bislang liegt keine Stellungnahme zu den iranischen Vorwürfen vor - weder aus den USA noch aus Israel. Dass die Iraner sofort mit dem Finger auf den jüdischen Staat zeigen, ist für den Islamwissenschafter Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik indes klar:  "Die Israelis töten seit geraumer Zeit iranische Atomwissenschaftler, vor allem zwischen 2010 und 2012", sagte der Experte für islamistischen Terrorismus der Deutschen Welle. Allem Anschein nach habe Israel die letzte Gelegenheit, Fachrisadeh anzugreifen, jetzt genutzt, möglicherweise mit amerikanischer Unterstützung, bevor die Trump-Administration aus dem Amt scheidet: "Die Israelis und die Trump-Administration versuchen offensichtlich, es der neuen Regierung in Washington so schwer wie möglich zu machen, die Verhandlungen mit den Iranern wieder aufzunehmen."

"Preis für Donald Trumps Wahlniederlage"

Mehrere Beobachter in Teheran werteten den Anschlag ebenfalls als Versuch Israels und der Regierung des scheidenden US-Präsidenten Donald Trump, einen Neuanfang der Beziehungen zwischen Teheran und Washington zu torpedieren. "Das war nicht nur ein Anschlag auf den Professor, sondern auf die bevorstehenden diplomatischen Bemühungen beider Länder nach der Amtsübernahme von Joe Biden", schrieb der Politologe Mohsen Milani auf Twitter. Ähnlich sieht es die prominente iranische Journalistin Sahra Asghari. "Der Anschlag war der Preis, den der Iran für Trumps Wahlniederlage bezahlen musste", erklärte sie.

Mohsen Fakhrizadeh |  iranischer Atomwissenschaftler
Galt als Experte für die Herstellung von Raketen: Mohsen Fachrisadeh (Archivbild)Bild: IRNA

 

jj/haz/uh (dpa, afp, rtr)