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Integration, Integration, Integration!

Mathias Bölinger5. April 2016

Eigentlich ist die OECD mit der deutschen Politik recht zufrieden. Doch ein paar Forderungen hat die Organisation in ihrem Wirtschaftsbericht untergebracht. Es geht um Migranten und um ein Stiefkind der Exportnation.

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Symbolbild Industrie (Bild: dpa)
Deutschlands Wirtschaft brummt - kein Grund zur EntwarnungBild: picture-alliance/dpa/J. Büttner

Es ist keine unangenehme Aufgabe, die Jose Angel Gurria an diesem Dienstag hat. Gurria ist Generalsekretär der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), in der sich die wichtigsten Industriestaaten zusammengeschlossen haben. An diesem Dienstag stellt er den Wirtschaftsbericht für Deutschland vor, den die Organisation alle zwei Jahre erstellt.

Und obwohl Gurria einen Hang dazu hat, sehr laut zu sprechen, sind es äußerst milde Töne, die er in Berlin anschlägt. "Die deutsche Wirtschaft hat sich gut von der größten Krise unserer gesamten Lebenszeit erholt", stellt er fest. Er meint die Weltfinanzkrise, die 2008 in den USA begann. "Das ist eine beeindruckende Leistung."

Deutschland habe mit 4,4 Prozent die niedrigste Arbeitslosenrate in der EU, das Wirtschaftswachstum sei stabil. Im kommenden Jahr könnte es etwas ansteigen: von 1,3 Prozent 2016 auf 1,7 Prozent 2017. Und selbst die soziale Ungleichheit, die in der Vergangenheit häufig von der OECD kritisiert worden war, sei weit weniger ausgeprägt als im OECD-Durchschnitt. Die obersten zehn Prozent verdienen in Deutschland 6,5 Mal so viel wie die untersten zehn Prozent. Im Schnitt aller OECD-Staaten sind es zehn Mal so viel. Äußerst positiv für mehr Gleichheit in Deutschland habe sich der Mindestlohn ausgewirkt, der 2015 eingeführt wurde.

Bildungsreformen bleiben auf der Strecke

Dann ist es allerdings auch genug des Lobes. Denn ein paar Aufgaben möchte Gurria der deutschen Politik schon noch mitgeben. Ein Großteil der guten Daten gehe auf die Arbeitsmarktreformen zurück, die die Regierung Schröder vor mehr als zehn Jahren beschlossen habe. Gurria hält den Bericht hoch, aufgeschlagen auf der Seite, die bisherige Empfehlungen der Organisation mit tatsächlichen Reformen abgleicht. "Bei den Arbeitsmarktreformen und den Finanzreformen sieht es ganz gut aus", sagt er. "Aber schauen sie mal hier", sagt er und schlägt mit seiner Hand auf eine andere Spalte der Tabelle: " No action taken. No action taken. No action taken". Bei der Gleichberechtigung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt oder bei der Reform des Bildungssystems, das die OECD seit langem als ungerecht und wenig effizient kritisiert, vernachlässige Deutschland notwendige Reformen, kritisiert Gurria. Die OECD ist die Organisation, die die Vergleichsstudie PISA durchführt, bei der deutsche Schüler regelmäßig schlecht abschneiden.

Auch bei der Integration der Flüchtlinge fordert die OECD, dass die deutschen Behörden ihre Anstrengungen noch einmal erhöhen. Obwohl Deutschland bereits eine ganze Menge tue, müssten die Neuankommenden schneller und besser deutsch lernen können, die Initiativen zur beruflichen Qualifizierung weiter ausgebaut werden. "Es geht um Integration, Integration, Integration" betont Gurria und fügt scherzend hinzu: "Wenn auch nicht unbedingt in dieser Reihenfolge."

Schwachpunkt Dienstleistungen

Sorgen bereitet der OECD mit Blick auf die Zukunft auch, dass die Produktivität in Deutschland kaum noch steige. Während vor 2008 die deutsche Wirtschaft jedes Jahr um zwei Prozent effektiver geworden sei, als im Vorjahr, betrage das Produktivitätswachstum seitdem nur noch ein halbes Prozent im Jahr. Darüber hinaus verlasse sich Deutschland viel zu sehr auf seine Industrie und vernachlässige Investitionen in den Dienstleistungssektor."Wir sind der Ansicht, dass Aktivitäten im Dienstleistungssektor durch viele Regeln behindert werden", sagt Andreas Wörgötter, Leiter der Abteilung Länderstudien bei der Organisation. Außerdem liege die Infrastruktur beispielsweise beim Netzausbau weit hinter den Spitzenreitern wie Japan oder Südkorea. Darunter werde langfristig auch die Industrie leiden. "Deutschland exportiert keine Autos", erklärt Gurria. "Es exportiert Computer auf vier Rädern."