Installation für Opfer des Holocaust in Dresden
9. November 2021In der Nacht von den 9. auf den 10. November 1938 setzten Schlägertrupps der Nationalsozialisten jüdische Geschäfte und Synagogen in Brand. Wohnungen und Läden wurden geplündert, zahlreiche Menschen verhaftet, verprügelt und getötet. Die Reichspogromnacht war der Auftakt für den größten Völkermord Europas. Nun soll ein interaktives Kunstwerk in Dresden an das Ereignis erinnern.
Die Installation "Verschwindende Wand" vereint auf 6000 Holzklötzchen Zitate von Überlebenden der Konzentrationslager Buchenwald, Mittelbau-Dora und deren Außenlagern. Mit ihrer Eröffnung am Morgen des 9. November soll der Opfer des Holocaust und der Reichspogromnacht gedacht werden. Dazu laden die sächsische Landeshauptstadt Dresden, das Goethe-Institut und die Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora an die Goldene Pforte des Neuen Rathauses in Dresden ein.
Botschaften der Überlebenden
Die "Verschwindende Wand" geht auf eine Idee der russischen Studentin Maria Jablonina zurück. Die Installation wurde vom Goethe-Institut erstmals 2013 in Moskau zum Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion realisiert. In der Folge stand sie zu unterschiedlichen Anlässen an den verschiedensten Orten, auch in vier israelischen Städten. 2020 war die Installation als Teil des offiziellen Kulturprogramms der Bundesregierung zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft in 16 europäischen Städten zu sehen, darunter in Vilnius, Belfast, Thessaloniki und Madrid. In adaptierter Form stand die "Verschwindende Wand" im Rahmen des 76. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald und Mittelbau-Dora im April 2021 in Weimar und im November 2021 in Dresden.
Die Besucherinnen und Besucher der Installation werden dazu eingeladen, die Zitatklötzchen herauszuziehen, zu lesen und mitzunehmen. Dabei leert sich die Wand und verschwindet schließlich ganz, doch die Botschaften von knapp 100 Überlebenden des Holocaust werden weitergetragen. Unter ihnen sind bekannte Persönlichkeiten wie Imre Kertész, Stéphane Hessel oder Eugen Kogon - und viele andere, die nicht im öffentlichen Bewusstsein sind. Ihre Zitate sind teils persönliche Erfahrungen, teils Reflexionen darüber, was die Shoah für das künftige Zusammenleben der Menschen bedeutet.
Gemeinsames Erinnern
Johannes Ebert, Generalsekretär des Goethe-Instituts, sagte im Vorfeld der Eröffnung: "Es gibt immer weniger Zeitzeugen und Überlebende des Holocaust, die über ihre Erlebnisse berichten können. (...) Die 'Verschwindende Wand' trägt dazu bei, die Botschaften der Überlebenden an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben." Die neuen Zentren für internationale kulturelle Bildung, die an fünf Goethe-Instituten in Deutschland eröffnet werden, sollen dabei laut Ebert eine zentrale Rolle spielen. Bundesaußenminister Heiko Maas sagte zu den anstehenden Gedenkveranstaltungen in Dresden: "Gemeinsames Erinnern ist auch eine Voraussetzung für ein gutes Zusammenleben in Deutschland, heute und in Zukunft."
Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert wird die Gedenkveranstaltung am 9. November eröffnen, gefolgt von Redebeiträgen von Dr. Nora Goldenbogen, Vorsitzende des Landesverbandes Sachsen der Jüdischen Gemeinden, Johannes Ebert und Prof. Dr. Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora. Am 29. November wird die Installation erneut gezeigt - bei einem Festakt zum 70-jährigen Bestehen des Goethe-Instituts.
pj/nf (mit goethe.de)