In CDU wächst der Unmut über Polen
9. Januar 2016Das zuletzt deutlich entkrampfte Verhältnis zwischen Warschau und Berlin ist derzeit wieder angespannt. Die Unionsfraktion im Bundestag erwägt sogar Sanktionen gegen das Nachbarland, falls die nationalkonservative Regierung dort weiter Rechtsstaatsprinzipien wie Gewaltenteilung und Pressefreiheit verletzt. Fraktionschef Volker Kauder sagte dem Nachrichtenmagazin "Spiegel": "Wenn Verstöße gegen die europäischen Werte festzustellen sind, müssen die Mitgliedstaaten den Mut zu Sanktionen haben."
Die polnische Regierung müsse wissen: "Bestimmte Grundwerte darf man in Europa nicht verletzen", fügte Kauder hinzu. Es sei absolut richtig, dass die EU-Kommission sich jetzt die Lage genau anschaue.
Auch der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, Herbert Reul, sprach sich für Strafen aus. "Wir brauchen Wirtschaftssanktionen, wenn politische Mittel des Dialogs nichts bewirken", sagte Reul dem Nachrichtenmagazin. Die EU-Kommission will sich am kommenden Mittwoch mit der Lage des Rechtsstaats in Polen befassen. Allerdings hat die EU keinerlei Handhabe gegen die umstrittenen Gesetze der nationalkonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS).
Regierungschefin Szydlo lässt sich Zeit
Seit Mitte November regiert die PiS in Polen mit absoluter Mehrheit. Kurz nach ihrem Regierungsantritt setzte sie eine umstrittene Reform des Verfassungsgerichts durch, mit der die Unabhängigkeit der Richter eingeschränkt wird. Inzwischen wurde das nicht weniger umstrittene Mediengesetz verabschiedet. Über Spitzenposten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk entscheidet nun die Regierung.
Die neue Regierungschefin Beata Szydlo kommt nach "Spiegel"-Informationen am 12. Februar nach Berlin. Das ist ungewöhnlich spät für einen Antrittsbesuch.
Demonstrationen gegen das Mediengesetz
An diesem Samstag demonstrieren in Polen Regierungsgegner in fast 20 Städten für freie Medien und Rechtsstaatlichkeit. Zu den Kundgebungen hat das Komitee zur Verteidigung der Demokratie aufgerufen, das schon im Dezember Zehntausende mobilisiert hatte.
rb/haz (afp, dpa)