Im Winter mehr Abgasgift beim Diesel
6. April 2017Seit dem VW-Dieselskandal führt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) systematisch eigene Abgasmessungen durch. Während bei Tests von Diesel-PKW im sommerlichen Straßenbetrieb eine maximal 9,2–fache Überschreitung der Grenzwerte von Euro 6 Fahrzeugen feststellt wurde, so lagen die Werte für das Giftige Stickoxid im Winter sogar bis zu 17 mal höher als erlaubt.
Negative Spitzenreiter waren bei den aktuellen Straßentests neue Euro 6 Diesel-PKW von Fiat, Renault, Volvo, Mercedes, Opel und Hyundai. Sie hatten einen über zehnmal höheren Ausstoß vom Stickoxiden (NOx) als gesetzlich erlaubt und pusten bei den kälteren Außentemperaturen somit sogar mehr giftige NOx-Emissionen aus als über zehn Jahre alte Dieselfahrzeuge mit der Euronorm 3.
Zwei der 15 getesteten Euro 6 Fahrzeuge von Mercedes und Audi halten die Grenzwerte auf der Straße im Winter allerdings auch problemlos ein und zeigen damit, dass eine funktionierende Abgasreinigung machbar ist.
Nachrüstung bei VW weitgehend unwirksam
Getestet hat die DUH inzwischen auch einen VW Golf 6 Diesel, der vom VW-Konzern mit einer illegalen Abschaltung der Abgasreinigung ausgestattet war und von einer VW-Werkstatt ein neues Software-Update bekommen hatte. Das Kraftfahrt-Bundesamt hatte VW dazu verpflichtet, die manipulierten Fahrzeuge nachzurüsten.
Doch beim Straßentest stellten die Prüfer fest, dass der nachgerüstete Golf mit einem Ausstoß von 602 Milligramm Stickoxid pro Kilometer die Luft mehr das dreimal so stark verschmutzt, als es der Grenzwert für Fahrzeuge mit Euro 5 erlaubt.
Nach Angaben der DUH belegt das Ergebnis, dass die angeordneten Nachbesserungen "offenkundig ungeeignet" sind. "Über 600 mg Stickoxide sind erschreckend. Damit erfüllt der Golf gerade den Euro 2-Standard des Jahres 1996. Wir erleben Live ein Staatsversagen. Millionen betroffene Halter von Diesel-Pkw werden von der Bundesregierung alleine gelassen", empört sich Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
"Während VW der amerikanischen Umweltbehörde zusagt, die Betrugs-Diesel so umzubauen, dass sie durch verbesserte Katalysatoren die Abgaswerte auf der Straße einhalten, ignoriert Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt Recht und Gesetz und ermöglicht VW eine weitgehend unwirksame Placebo-Maßnahme," sagt Resch.
Wegen der Überschreitung der Grenzwerte nach den Updates von VW, die vom Kraftfahrbundesamt genehmigt worden waren, hat der Umweltverband inzwischen Klage erhoben. "Unsere eigenen aber auch andere Untersuchungen des Abgasverhaltens von VW-Diesel nach dem Softwareupdate zeigen weiterhin stark überhöhte NOx-Werte und damit einen klaren Verstoß gegen geltendes Recht. Daher klagt die DUH nun gegen die offensichtlich rechtswidrige Rückrufanordnung", so Resch.
Nach Ansicht der DUH muss VW bei den 2,4 Millionen betroffenen Fahrzeugen die Abgasreinigung erneuern, um die geltenden Grenzwerte einzuhalten. "Andernfalls müssen die Fahrzeuge stillgelegt werden. In jedem Fall haben die Fahrzeughalter ein Anrecht auf Entschädigung", betont er.
Auch das Europäische Parlament fordert in einem Beschluss ebenfalls den "Anspruch auf eine angemessene Entschädigung". Die Autohersteller sollen die Käufer von Fahrzeugen mit manipulierten Abgaswerten wie in den USA finanziell entschädigen. VW lehnt dies bisher strikt ab.
Abgasreinigung funktioniert nur selten bei Diesel-PKW
Von dem Abgasskandal sind fast alle Hersteller betroffen. Auch weiterhin werden in Europa Diesel-PKW verkauft, wo die Abgasreinigung im Straßenverkehr nicht wie vorgeschrieben funktioniert. "Wir gehen davon aus, dass 95 bis 99 Prozent aller Diesel-PKW über eine gesetzeswidrige Abschalteinrichtung verfügen und diese Einschätzung teilen auch die Staatsanwaltschaften in Stuttgart und Frankreich", so Resch gegenüber der DW. Ermittelt wird in diesen Fällen wegen des Verdachtes des Betrugs und wegen irreführender Werbung gegen Mercedes und Renault.
Der Umweltverband fordert, dass die Autohersteller die Diesel-PKW möglichst schnell korrekt nachrüsten, so dass sie im Straßenverkehr die vorgeschriebenen Grenzwerte einhalten. Resch zeigt sich optimistisch, dass dieser Weg möglich ist und setzt jetzt auf die Hilfe der Justiz. "Die meisten Fahrzeuge sind nachrüstbar und technisch ist das keim Problem. Mit Materialkosten von 500 bis 1000 Euro, zuzüglich Einbau ist das auch alles in der Regel machbar", so Resch.