Kampf um die Besten
16. April 2013Ihre Uni-Zeit in Deutschland habe ihr gut gefallen, so die Akademikerin aus der Ukraine, die heute in Bonn arbeitet. Aber sie habe sich eine bessere Betreuung am Ende ihres Studiums gewünscht. "Das wäre schön, auch um den ausländischen Studenten das Gefühl zu geben, dass sie hier als Fachkräfte willkommen sind." Dabei braucht Deutschland dringend Fachkräfte: Die Wirtschaft boomt, doch es fehlt an spezialisierten Arbeitskräften, Ingenieure etwa oder IT-Spezialisten. Auch im Pflegebereich bleiben oft Stellen unbesetzt.
Damit sich das ändert, will der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) mehr Studenten ins Land locken: Bis 2020 sollen 350.000 junge Menschen zum Studium in Deutschland bewegt werden, 100.000 mehr als heute. Der DAAD, der unter anderem vom Außenministerium und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert wird, vergibt Stipendien an Deutsche, die im Ausland studieren wollen, und an Ausländer, die sich in Deutschland weiterbilden wollen. 2012 wurden nach Angaben des DAAD Stipendien an etwa 45.200 Ausländer und 30.100 Deutsche vergeben.
Forderung nach "Willkommenskultur"
Ob die Geldgeber dem DAAD mehr Gelder bewilligen, bleibt abzuwarten. Man werde mit allen Seiten reden, so Margret Wintermantel, Leiterin des DAAD, am Montag (15.04.2013) in Berlin. Denn der DAAD möchte gleichzeitig mehr deutsche Studenten ins Ausland schicken, am liebsten die Hälfte aller Studenten. Das könnte teuer werden: Immer mehr Deutsche strömen derzeit in die Universitäten. Der Grund: eine Kombination aus verkürzter Schulzeit und besonders großen Jahrgängen.
Um ausländische Studenten anzulocken, sei es wichtig Barrieren abzubauen, etwa mehr englischsprachige Kurse anzubieten. Auch bei der Zulassung zum Studium oder der Anerkennung ausländischer Abschlüsse sei noch Nachholbedarf. Europäische Abschlüsse werden in Europa seit der Einführung von einheitlichen Bachelor- und Masterabschlüssen meist problemlos anerkannt. Doch bei nicht-europäischen Abschlüssen ist das Ganze komplizierter. So kann es sein, dass der Master eines Absolventen einer pakistanischen oder afghanischen Universität nicht anerkannt wird und das Studium in Deutschland wiederholt werden muss.
Auch würden ausländische Studierende oft nicht ausreichend willkommen geheißen, bemängelt Wintermantel. Sie habe beobachtet, dass ausländische Studenten stärker an die Hand genommen werden wollten. Soll heißen: eine bessere Betreuung und Orientierung erhalten. Sie fordert deshalb eine bessere "Willkommenskultur" an deutschen Universitäten. Es habe schon einige Angebote, vor allem von Studentenvereinigungen gegeben, sagt dahingegen die ukrainische Absolventin. "An der Willkommenskultur meiner Uni hatte ich nichts auszusetzen." Die Freie Universität Berlin teilte auf Nachfrage der Deutschen Welle mit, dass es zahlreiche Angebote speziell für ausländische Studierende gebe, etwa im Bereich Bewerbung und Zulassung, aber auch Studienorganisation und -Abschluss.
Hochschulkooperationen fördern
Gleichzeitig will der DAAD Hochschulkooperationen im Ausland, wie sie derzeit etwa in Kasachstan oder Ägypten aufgebaut werden, verstärken. Auch soll der Deutschunterricht an Universitäten im Ausland besser gefördert werden. Denn die Konkurrenz in der Ausbildung der internationalen Elite wird stärker. Staaten wie Brasilien und Korea, aber auch Indien investieren in ihre Universitäten. "Wir müssen uns kümmern, dass wir offene Türen haben", so Wintermantel, damit deutsche Universitäten ihre Wettbewerbsfähigkeit halten könnten.
Noch sei Deutschland zusammen mit Australien und Frankreich das fünft-, vielleicht sogar das viertbeliebteste Gastland für ausländische Studierende, direkt nach den USA und Großbritannien. Auf die Studenten möchte Deutschland nicht verzichten: Denn diese sind nicht nur potenzielle Fachkräfte - sondern bringen neue Idee und Forschungsansätze in die Universitäten, auf die Deutschland nicht verzichten möchte.