Neues Hochsicherheitslabor
8. Februar 2015In Katastrophen-Filmen ist es ein häufig bemühtes Szenario: Ein "Killer-Virus" wird von Terroristen aus einem streng abgeriegelten Forschungslabor entwendet, um damit eine grausame Epidemie in der Bevölkerung auszulösen.
Den Zuschauer lassen solche Horror-Streifen in der Regel wohlig erschauern - und doch spielen sie mit einer diffusen Angst: vor der Unbeherrschbarkeit der Forschung. Vor Sicherheitslücken in unserem Wissenschaftssystem. Doch die Bilder, die auf diese Weise produziert werden, haben eben doch eine Entsprechung in der Realität. Denn tatsächlich gibt es Krankheitserreger, die keinesfalls ihren Weg ins Freie finden dürfen. Und es gibt "Hochsicherheitslabore", die dies verhindern sollen.
Am Berliner Robert-Koch-Institut ist jetzt ein solches Labor eröffnet worden. "S4" heißt es in der Fachsprache. Das bedeutet, es ist ein Labor, in dem Krankheitserreger der höchsten Risikogruppe 4 offiziell erforscht werden dürfen. Zu diesen Krankheitserregern gehören zum Beispiel das Krim-Kongo-Hämorrhagische-Fieber-Virus, aber auch das Lassa- und das Ebola-Virus. Mit all diesen Erregern dürfen Wissenschaftler nicht einfach hantieren. Stattdessen müssen sie genaue Richtlinien in Bezug auf die Laborausstatung und die Arbeitsabläufe beachten. Ein S4-Labor ist auf diese Anforderungen zugeschnitten.
Zutritt nur in speziellen Schutzanzügen
Ein Hochsicherheitslabor ist kein Arbeitsplatz wie jeder andere. Mal kurz in die Cafeteria oder eine Raucherpause einlegen? Für die Experten, die hier arbeiten, ist das unmöglich. Denn das Betreten und Verlassen des Hochsicherheitslabors erfolgt über vier aufeinanderfolgende Schleusen, die streng überwacht werden. Zutritt erhalten nur geschulte Experten, die während ihres Arbeitseinsatzes Vollschutzanzüge mit externer Luftversorgung tragen. Nach jedem Einsatz desinfizieren sie die Schutzanzüge in einer speziellen Dusche. Die Abwässer werden abgekocht und durch eine chemische Behandlung inaktiviert, so dass auch auf diesem Wege keine Erreger in die Außenwelt gelangen können.
Und auch das Verhältnis zu den Kollegen ist hier mitunter anders, als in anderen Laboren. Geheimniskrämerei an der eigenen Forschungsstation gibt es nicht. Denn sobald ein Mitarbeiter mit spitzen Gegenständen wie Spritzen oder Skalpellen hantiert, und somit ein erhöhtes Verletzungsrisiko besteht, wird dies von einem zweiten Kollegen überwacht. So sollen unbemerkte Infektionen verhindert werden.
Ein geschlossenes System
Aber wie gut funktionieren automatische Sicherheitsschleusen, wenn der Strom ausfällt? Wie kann sichergestellt werden, dass Viren nicht über die Belüftungsanlage nach außen gelangen? - Auch darüber hat man sich bei der Planung von Hochsicherheitslaboren Gedanken gemacht. Und so verfügt jedes S4-Labor zusätzlich über eine eigene Luft-, Strom- und Wasserversorgung und kann so völlig unabhängig arbeiten.Auf Frischluft müssen die Mitarbeiter verzichten: Ein Hochsicherheitslabor ist eine luftdichte Einheit. Es herrscht ein ständiger Unterdruck, der verhindert, dass bei eventuell auftretenden Undichtigkeiten Luft aus dem Labor ausströmt. Die Abluft aus dem Labor durchläuft ein mehrstufiges Filtersystem, um mögliche Erreger zu töten.
Warum ein solches Labor?
Für die Forscher am Robert Koch-Institut in Berlin bricht mit dem Bau des neuen Hochsicherheitslabors eine neue Zeit an. Wenn der Testbetrieb abgeschlossen ist, können sie hier ihre Arbeit aufnehmen - und so Forschungen betreiben, die bisher ausgeschlossen waren. Anküpfungspunkte hierfür gibt es genug: In den letzten Jahren sind immer wieder neue Viren aufgetaucht und entdeckt worden, die nach Ansicht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu einer weltweiten Bedrohung werden könnten - darunter auch Viren der Risikogruppe 4, wie z.B. das Lujo-Virus im Jahr 2009. Auch in Bezug auf Ebola stehen viele Fragen aus, die die Wissenschaft noch zu beantworten hat. Mit dem neuen Labor sollten die Berliner Wissenschaftler nun gerüstet sein, um Erreger zu identifizieren, an Therapiemöglichkeiten zu forschen und Impfstoffe zu entwickeln - und das in einem hochgesicherten System.
Opferschutzgruppen äußern sich positiv
Die ersten Opferschutzgruppen haben sich zu Hartmanns Vorstoß bereits positiv geäußert: "Natürlich halten wir es für eine tolle Sache, wenn man durch therapeutische Hilfe Taten verhindern kann“, sagt Klaus Michael Böhm von der Behandlungsinitiative Opferschutz (BIOS-BW) e.V.. Der Beifall von dieser Seite verwundert nicht: Schließlich bietet der Opferschutzverein aus Karlsruhe selbst ein Präventionsprogramm mit dem Titel "Keine Gewalt- und Sexualstraftat begehen" an.
Nach Aussagen von Böhm kommen Menschen aus ganz Deutschland nach Karlsruhe, um sich hier als sogenannte "Tatgeneigte" therapeutisch helfen zu lassen - denn bis heute mangelt es an einem weitrechenden Angebot für Menschen, die Gewalt- oder Sexualfantasien haben. Das Programm von BIOS-BW e.V. ist weniger an wissenschaftlichen Erkenntnissen über potenzielle Vergewaltiger interessiert, sondern versteht sich streng als eine Säule des aktiven Opferschutzes. Aufgrund der eigenen Erfahrung ist Böhm sich aber sicher: "Wenn Tatgeneigte eine Möglichkeit haben zu reden, können viele Taten verhindert werden."