EuGH: Anleihekäufe sind rechtens
11. Dezember 2018Die Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) verstoßen nicht gegen europäisches Recht, urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg.
Die Richter folgten damit dem Votum des Generalanwalts, der schon Anfang Oktober die Empfehlung abgegeben hatte, die Notenbank verstoße nicht gegen das Verbot der Staatsfinanzierung und ihr Mandat.
Das deutsche Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hatte den EuGH um eine rechtliche Bewertung gebeten. Die Karlsruher Richter hielten die Kritik der Kläger, darunter die früheren AfD-Politiker Bernd Lucke und Hans-Olaf Henkel, für bedenkenswert. Die hatten argumentiert, da die EZB durch das Kaufprogramm zum größten Gläubiger der Euro-Staaten aufgestiegen sei, finanziere sie direkt die Mitgliedsstaaten der Europäischen Währungsunion. Das aber ist ihr verboten. Mit den Anleihekäufen habe die EZB daher ihre Kompetenzen überschritten, so die Kläger.
Argumente des Europäischen Gerichtshofs
Die EuGH-Richter sahen das anders. Sie argumentieren, wenn das Kaufprogramm, das stabile Preise zum Ziel habe, auch mittelbar Auswirkungen auf die Wirtschaftspolitik habe, sei das nicht entscheidend. Außerdem sei der Anleihekauf keine verbotene Staatsfinanzierung, weil die Staaten sich nicht darauf ausruhen könnten, dass die EZB ihre Anleihen kaufen werde. Sie hätten weiter genügend Anreiz, eine solide Haushaltspolitik zu betreiben, allein schon, weil die EZB monatlich nur ein bestimmtes Volumen an Staatsanleihen kaufe.
Die EZB kauft seit März 2015 in ihrem "Quantitative Easing" (QE, engl. für "mengenmäßige Lockerung") genannten Programm monatlich Staatsanleihen für einen zweistelligen Milliardenbetrag. Zunächst waren es 60 Milliarden Euro im Monat, dann 30 Milliarden und inzwischen 15 Milliarden.
Der Sinn der Übung: so sollten Zinsen gedrückt und Geld leichter verfügbar werden. Die hohe Liquidität, die dadurch am Markt ist, sollten Investitionen erleichtern, da die Banken schneller Kredite vergeben können. So sollte die Wirtschaft angekurbelt werden.
Die Anleihen kauft die EZB jedoch nicht direkt von den ausgebenden Staaten - das wäre eindeutig Staatsfinanzierung - sondern am Markt, also von Investoren.
Ein riesiger Berg von Anleihen
Inzwischen hat sie so 2,1 Billionen Euro allein in Staatspapiere investiert. Das geschieht nach einem Länderschlüssel, die Staatsanleihen müssen zudem ein bestimmtes Rating, eine Ausfallsicherheit, haben. Darüber hinaus erwirbt die EZB auch noch andere Wertpapiere wie Unternehmensanleihen. Insgesamt hat sie durch ihr Kaufprogramm inzwischen Wertpapiere von 2,6 Billionen Euro angehäuft.
Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben Kompetenzen an die EU übertragen, allerdings können die Bürger klagen, wenn sie glauben, dass eine europäische Institution ihre Kompetenzen überschreitet, sich also nicht im Rahmen des europäischen Rechts bewegt.
Die EZB ist unabhängig. Sie kann ohne Rücksprache mit der Politik handeln, solange sie sich innerhalb des gesetzlichen Rahmens bewegt. Ihre Aufgabe ist es, eine stabile Währung mit stabilen Preisen zu gewährleisten. Das wollte sie mit der lockeren Geldpolitik erreichen.
Zurück nach Karlsruhe
Für den Euro haben die Notenbanker ein Inflationsziel definiert, dass knapp unter zwei Prozent liegt. Lange lag die Inflation im Euroraum aber deutlich darunter, und die Währungshüter befürchteten sogar eine Deflation. Das ist das Gegenteil von Inflation; Waren und Dienstleistungen werden dauerhaft billiger - mit der Folge, dass Unternehmen weniger investieren.
Weil sich der Euro inzwischen aber wieder dem ursprünglichen Inflationsziel von knapp unter zwei Prozent nähert und die Wirtschaft in der Währungsunion wieder besser läuft, will die EZB ihre Anleihekäufe ohnehin einstellen. Näheres dazu wird sie voraussichtlich an diesem Donnerstag verkünden. Sie wird jedoch auslaufende Anleihen wieder nachkaufen, sodass auch künftig genügend Liquidität am Markt ist.
Nun geht die Klage an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zurück, das jedoch die Entscheidung des EUGH respektieren muss.