Hunderttausende im Kongo auf der Flucht
18. Juni 2019Innerhalb von zwei Wochen seien im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo, in der Provinz Ituri, mindestens 300.000 Menschen vertrieben worden, berichtete das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR in Genf. Die Zahl der Geflohenen basiert auf Erhebungen in 125 Orten der Region. Schießereien, Entführungen, Vergewaltigungen, Verstümmelungen und Rachemorde sind laut Angaben aus dem Konfliktgebiet an der Tagesordnung, wie UNHCR-Sprecher Babar Baloch mitteilte.
Die Menschen könnten vom UNHCR nur mangelhaft versorgt werden. Es fehlten vor allem Unterkünfte und Nahrungsmittel. Viele Flüchtende versuchten, Bunia, die Hauptstadt der Provinz Ituri, zu erreichen, würden aber von Jugendbanden der Bevölkerungsgruppen der Hema und Lendu teils daran gehindert. Andere fliehen nach diesen Angaben über den Albertsee nach Uganda. Der Gouverneur der Provinz Ituri, Jean Bamanisa Saidi, sprach sogar von bis zu 400.000 neuen Flüchtlingen.
Uralter Stammeskonflikt
In der Region war zuletzt die Gewalt zwischen Viehhaltern vom Stamm der Hema und Getreidebauern vom Stamm der Lendu wieder aufgeflammt. Allein in der vergangenen Woche wurden nach Angaben lokaler Behörden dabei mindestens 160 Menschen getötet. Zwischen den Bevölkerungsgruppen gab es zuletzt zwischen 1999 und 2007 einen großen Konflikt, dabei waren etwa 50.000 Menschen getötet worden. Seitdem beruhigte sich die Situation etwas. Hema und Lendu sind seit langem über Weiderechte und politischen Einfluss zerstritten.
Laut UN-Sprecher Baloch bilden beide Volksgruppen derzeit "Selbstverteidigungsgruppen". Das UNHCR befürchte, dass diese Eskalation sich auf weite Teile der Provinz ausweiten könnte, fügte er hinzu.
Ebola und Masern
Gefährlich ist die aktuelle Lage auch, weil es in der Provinz schon zahlreiche Fälle der hochansteckenden Viruskrankheit Ebola gegeben hat. Wenn so viele Menschen in engen Flüchtlingslagern zusammenleben und umherziehen, können die Gesundheitsbehörden Ansteckungen kaum verhindern, warnte die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Insgesamt sind im Kongo seit Beginn des jüngsten Ausbruchs vor etwa einem Jahr fast 2200 Menschen an Ebola erkrankt und fast 1450 von ihnen gestorben. Etwa zehn Prozent der Fälle wurden in der Provinz Ituri gemeldet, sagte ein Sprecher WHO in Genf.
Neben Ebola betrifft auch eine Masern-Epidemie den Kongo. Nach Angaben von "Ärzte ohne Grenzen" starben seit Jahresanfang mehr als 1500 Menschen an der Krankheit. Die Ansteckung mit dem Masernvirus lässt sich durch Impfung leicht vermeiden. Allerdings sei die Impfrate seht gering, beklagt "Ärzte ohne Grenzen". Das mangelhafte Gesundheitssystem, die instabile Sicherheitslage und die marode Infrastruktur seien für die Impfteams eine enorme Herausforderung.
qu/se (dpa, afp, epd, rtr)