Seehofer: Abschiebezentren starten im Herbst
6. April 2018Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) drückt bei der Bündelung der Asylverfahren in sogenannten Ankerzentren aufs Tempo. Im September und Oktober sollten entsprechende Pilotprojekte an verschiedenen Orten Deutschlands in Betrieb gehen, sagte Seehofer bei seinem Antrittsbesuch im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nürnberg.
Die große Koalition hatte sich darauf verständigt, in den Zentren die Ankunft von Flüchtlingen, die Entscheidung über ihren Schutzstatus und im Fall einer Ablehnung auch die Rückführung zu bündeln. "Wir erhoffen uns eine weitere Verbesserung bei Verfahrensdauer und Verfahrensqualität", sagte Seehofer. In den kommenden Wochen werde sein Haus ein Konzept zu den Ankerzentren entwickeln. Dem BAMF sagte er zusätzliches Personal für die mit den Zentren verbundenen Aufgaben zu.
"Ich will Tempo machen"
Der Innenminister erklärte, es handele sich zunächst um Pilotprojekte, da die Abschiebung nach jetziger Rechtslage Ländersache sei. Die ersten Ankerzentren würden "in enger Kooperation mit den Bundesländern" ihre Arbeit aufnehmen. Seehofer sagte, er wolle "Tempo machen" und nicht erst warten, bis eine neue rechtliche Grundlage geschaffen sei. "Dann diskutieren wir noch Weihnachten über Gesetze."
Mit den Ländern wolle er überlegen, "wie wir gemeinsam einen deutlich höheren Anteil an Rückführungen erreichen, damit die Akzeptanz in unserer Bevölkerung bei der Migration erhalten bleibt". Noch vor der Sommerpause werde er dem Kabinett einen "Masterplan" zum Thema Migration vorlegen, der neben schnelleren Asylverfahren und konsequenten Abschiebungen auch Fragen der Integration von anerkannten Flüchtlingen umfassen werde.
"Wir halten uns strikt an den Koalitionsvertrag"
Mit Unverständnis reagierte der Minister auf die Kritik aus der SPD an seinem Gesetzentwurf zum Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutz. "Wir haben uns strikt an den Koalitionsvertrag gehalten", sagte Seehofer. Eine Ministeriumssprecherin bestätigte unterdessen, der vorgelegte Entwurf sehe keine Einschränkung des Familiennachzugs für Hartz-IV-Empfänger vor.
Union und SPD hatten sich bei ihren Koalitionsverhandlungen darauf verständigt, den Familiennachzug bei subsidiär geschützten Flüchtlingen bis Ende Juli ausgesetzt zu lassen. Ab August soll der Nachzug von monatlich 1000 Angehörigen gestattet werden. Hinzu kommen besondere Härtefälle. Nach Medienberichten über strenge Kriterien, die für den Nachzug geplant seien, hatte unter anderem Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) die Befürchtung geäußert, die vereinbarte Zahl von 1000 Familienangehörigen pro Monat könnte unterschritten werden.
Einige Kritiker des Entwurfs, der sich zurzeit in der Ressortabstimmung befindet, hatten die Vermutung geäußert, die Bestimmungen seien auch dem Landtagswahlkampf in Bayern geschuldet. Dort will die CSU Mitte Oktober ihre absolute Mehrheit verteidigen.
jj/sti (dpa, afp, epd)