Hongkongs Protestbewegung plant Menschenkette
23. August 2019Seit nunmehr zehn Wochen beteiligen sich Millionen Hongkonger an den Kundgebungen, bei denen sie für Demokratie und Meinungsfreiheit und gegen den wachsenden chinesischen Einfluss in ihrer Stadt demonstrieren. Dabei ist neben Durchhaltekraft vor allem Kreativität gefragt, um immer wieder neue Aufmerksamkeit zu erzeugen: An diesem Freitag wollen die Demonstranten eine Menschenkette formieren - auf den Tag genau 30 Jahre nach der bislang längsten Menschenkette der Geschichte: Beim "Baltischen Weg" am 23. August 1989 hatten sich über eine Million Esten, Letten und Litauer an den Händen gefasst und ein Menschenband durch die kompletten drei heute eigenständigen Länder gebildet, um für ihre Unabhängigkeit von der Sowjetunion einzustehen.
Hörsäle bleiben leer
Im September wollen dann die Studenten zum Start des neuen Semesters zwei Wochen lang die Vorlesungen boykottieren. So wollen die Organisatoren gewährleisten, dass die Teilnahme an regulären Demonstrationen vorerst hoch bleibt.
Am vergangenen Wochenende hatten sich laut Veranstaltern erneut 1,7 Millionen Menschen trotz strömenden Regens an den Protesten beteiligt. Die Hongkonger Kundgebungen bilden die stärkste Demokratiebewegung in China seit 1989, die damaligen Studentenproteste wurden auf dem Tiananmen-Platz von der Armee blutig niedergeschlagen. Die Pekinger Regierung hat kürzlich große Militäraufgebote nach Shenzhen verlegt, die Nachbarstadt der Sonderverwaltungszone Hongkong, das scheint viele Demonstranten jedoch kaum zu beeindrucken.
Youtube löscht 210 Kanäle
Twitter und Facebook hatten vorgelegt - nun entfernt auch die Online-Videoplattform Youtube Inhalte zu den Kundgebungen in Hongkong. 210 Kanäle wurden gesperrt, die in einer geplanten Aktion Stimmung gegen die Demokratiebewegung in Hongkong gemacht haben sollen. Auf den Kanälen seien in koordinierter Art und Weise Videos zu den Protesten in Hongkong hochgeladen worden, erklärte der Mutterkonzern Google. Die Erkenntnisse würden sich decken mit Erklärungen der Onlinedienste Twitter und Facebook zu China.
Twitter und Facebook hatten China zu Wochenbeginn vorgeworfen, eine Online-Manipulationskampagne gegen die Demokratiebewegung in Hongkong zu fahren. Die US-Konzerne sperrten deswegen zahlreiche Nutzerkonten. Twitter sprach vom Versuch, "politische Zwietracht" in Hongkong zu säen. Ziel sei es unter anderem gewesen, die "Legitimität und die politischen Positionen der Protestbewegung" in der chinesischen Sonderverwaltungszone zu schwächen.
Drei Monate Proteste
Die seit Juni andauernden Proteste hatten sich an einem von der pro-chinesischen Hongkonger Regierung geplanten Auslieferungsgesetz entzündet. Für die ehemalige britische Kronkolonie Hongkong gilt bis 2047 das Versprechen, gemäß der Regel "Ein Land, zwei Systeme" demokratische Rechte hochzuhalten. Aus Sicht vieler Hongkonger ist Peking jedoch längst dabei, diese Zusage schon vor Ablauf der Frist zu unterminieren.
ehl/qu (dpa, afp, ard)