Hongkong: Apple bietet Peking die Stirn
9. Oktober 2019Der US-Konzern wird in der Zeitung der Kommunistischen Partei Chinas kritisiert. Die Zeitung beanstandet die Zulassung einer bestimmten App auf Apple-Geräten, die die Bewegung der Polizei in Hongkong verfolgt und von Protestlern während der regierungskritischen Demonstrationen verwendet wird.
Die App "HKmap.live" öffne in der chinesischen Sonderverwaltungszone gewalttätigen Demonstranten die Tür, heißt es im Parteiorgan "Volkszeitung". "Apples Zustimmung zu der App hilft natürlich den Randalierern. Was ist die tatsächliche Absicht?", fragt das Blatt rhetorisch.
Service oder Subversion?
Die App sammelt per "crowd sourcing" Informationen - User berichten zum Beispiel über die Verkerslage und mögliche Polizeiaktivitäten - und führt sie zusammen. Auf diese Weise lässt sich eruieren, wo gerade eine hohe Polizei-Präsenz beobachtet wird.
Laut Apple hilft die App Menschen, ohne Verkehrsbehinderungen von einem Ort der Stadt zu einem anderen zu kommen. Die Regierung sieht einen anderen Effekt: Die Demonstranten könnten so der Polizei ausweichen und von der Staatsmacht ungehindert protestieren. Die App leiste "illegalem Verhalten" Vorschub.
Offene Drohungen aus Peking
Bei Apple Music, kritisert die Parteiführung weiter, biete der iPhone-Konzern zudem ein Lied an, das offen für die Unabhängigkeit Hongkongs von China eintrete. Niemand wolle das US-Unternehmen in die Unruhen in der Sonderverwaltungsregion hineinziehen. "Die Menschen haben aber Grund zu der Annahme, dass Apple Geschäft mit Politik und sogar illegalen Handlungen vermischt", heißt es weiter. Apple müsse "über die Konsequenzen seiner unklugen und rücksichtslosen Entscheidung nachdenken".
Seit der Rückgabe 1997 an China wird Hongkong nach dem Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" autonom regiert. Die sieben Millionen Hongkonger stehen unter Chinas Souveränität, genießen aber - anders als die Menschen in der kommunistischen Volksrepublik selbst - mehr Rechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit, um die sie jetzt fürchten. Seit fünf Monaten demonstrieren sie gegen ihre Regierung und den wachsenden Einfluss der kommunistischen Führung in Peking.
An anderer Stelle nachgegeben
Nach der Kritik in chinesischen Staatsmedien an der App "HKmap.live" gaben die Aktien der chinesischen Apple-Zulieferer nach. Mutterkonzern Apple hat sich zunächst zu den Vorwürfen nicht geäußert und hält vorläufig entgegen der Kritik an ihrem Angebot fest.
In einem anderen Fall hat der kalifornische Konzern den Forderungen Pekings allerdings nachgegeben. Mit der neuen iOS-Version, die den Apple-Geräten zugrunde liegt, können Nutzer die Nationalflagge Taiwans nicht mehr abbilden. Wollen sie es dennoch tun, müssen sie Umwege in Kauf nehmen.
China betrachtet Taiwan als Teil der Volksrepublik China und setzt jeden, egal ob Privatperson, Unternehmen oder Staat, massiv unter Druck, von dem Peking feststellt, er oder sie würde die staatliche Souveränität der Inselrepublik Taiwan anerkennen.
Apple hingegen ist stark von China abhängig. Zum einen macht der Konzern rund 20 Prozent seines Umsatzes auf dem chinesischen Markt. Andererseits lassen die Kalifornier iPhones und andere Geräte in China produzieren, allein 220 Millionen iPhones im vergangenen Jahr.
Nicht so devot wie Daimler
Den aktuellen Vorwurf, die Demonstranten in Hongkong zu unterstützen, lässt Apple bislang aber unkommentiert und zeigt damit, dass das Unternehmen sich nicht jedem politischen Ansinnen Chinas unterwerfen will. Im Rahmen der Hongkong-Proteste hat beispielsweise die Hongkonger Fluggesellschaft Cathay der Regierung in Peking weitgehende Zugeständnisse machen müssen.
Der deutsche Autohersteller Daimler hatte sich etwa im Februar vergangenen Jahres mit einem Zitat des Dalai Lamas den Zorn Chinas zugezogen. Peking hält den geistlichen Führer der Tibeter für einen Separatisten, der die staatliche Souveränität des Reiches bedrohe.
Daimler hatte das beanstandete Zitat umgehend gelöscht und sich mehrfach bei der chinesischen Staatsführung entschuldigt. Das Ergebnis dieser devoten Unterwerfungsgeste: Der Autokonzern wurde für diesen "Kotau" weltweit verspottet.