Fair Trade als Lösung?
30. November 2011"Seit ich denken kann, sehe ich meine Eltern im Kampf mit dem Kaffee - von der Aussaat bis zur Ernte, besorgt über sinkende Preise oder zu viel Regen, weil der Kaffee dann keine Früchte tragen könnte", sagt Marta Rodríguez Camacho. Sie hat von ihren Eltern zehn Hektar Land geerbt. Dort baut sie mit ihrer Schwester Raquel weiterhin Kaffee an. Im Bergdorf Atenas, 42 Kilometer westlich der Hauptstadt San José, leben viele Kaffeebauern.
Fair Trade als "erstrebenswertes Modell"
Marta und Raquel gehören zu den 1300 Kleinbauern, die in der Genossenschaft CoopeAtenas zusammengeschlossen sind. Die Kooperative produziert jährlich zwischen 40.000 und 50.000 Zentner* Kaffee. Etwa 60 Prozent davon werden unter dem Fair-Trade-Siegel verkauft.
"Fair Trade ist ein erstrebenswertes Modell, das Kleinbauern in so genannten Dritte-Welt-Ländern unterstützt", sagt Juan Carlos Alvarez, Geschäftsführer bei CoopeAtenas. Die Bauern müssen bestimmte Bedingungen erfüllen, um das Siegel zu erhalten. Dazu gehört zum Beispiel die gerechte Bezahlung und Behandlung der Arbeiter. Im Gegenzug erhalten sie einen Mindestpreis für ihren Kaffee und eine Prämie. "Dieses Geld fließt über die Genossenschaft in den Ausbau der Infrastruktur und des Schulwesens der Gemeinden", so Alvarez weiter.
Im Vergleich zu anderen Genossenschaften in Costa Rica hat CoopeAtenas nicht viel von der Wirtschaftskrise gespürt, da sie in verschiedenen Arbeitsbereichen aktiv ist. Die Kooperative betreibt einen Supermarkt, ein Lager für Lebensmittellieferungen und eine Tankstelle, die insgesamt bis zu 70 Prozent ihres Gesamtgeschäfts ausmachen. Kaffee sei nur noch ein kleiner Teil der Kooperative - bleibe aber ihr Herz und ihre Seele, sagt Álvarez.
Angst vor dem Preissturz
Auch der Dachverband Coocafé verkauft einen Teil seines Kaffees unter dem Fair-Trade-Siegel. Ihm gehören zehn Kooperativen an - mit mehr als 5000 Kleinbauern. Von den 100.000 Zentnern* Kaffee, die sie produzieren, werden 30 Prozent als fairer Kaffee verkauft.
Fair gehandelter Kaffee könnte für viele costaricanische Kleinbauern eine wichtige Nische werden - und ein sicherer Zufluchtsort. Denn bei Preisen bis zu 300 US-Dollar pro Zentner ist die Konkurrenz groß. "Das aktuelle Preisniveau lockt viele Leute, Kaffee anzubauen. Das führt zu einem weltweiten Überangebot von Kaffee. Wir werden ein tiefes Preisniveau zu sehen bekommen, auf dem sich der Kaffeeanbau nicht mehr rentiert", prognostiziert Álvaro Gómez, Geschäftsführer von Coocafé.
Große Konkurrenz von transnationalen Unternehmen
Für die 600 Kleinbauern der Kooperative CoopeLlanobonito, die im Durchschnitt eine Fläche von zwei Hektar bebauen, sei Fair Trade die Rettung gewesen, sagt Félix Cabezas. "Wir haben in den Fair-Trade-Markt investiert und es geschafft, den Kaffee für 140 US-Dollar zu verkaufen", erzählt er - zu einem Zeitpunkt, als der reguläre Preis bei 40 US-Dollar lag. "Dank dieses guten Preises konnten wir unsere Schulden bezahlen und die Kooperative retten und sogar stärken."
Autorin: Eva Usi
Redaktion: Julia Kuckelkorn
*1 Zentner = 46 Kilogramm in Südamerika