Hilfe für Wirecard von ganz oben
18. Juli 2020Wie eine Regierungssprecherin bestätigte, sprach Bundeskanzlerin Angela Merkel am 3. September 2019, kurz vor einer China-Reise, mit dem früheren Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg über die Pläne des Unternehmens, auf dem chinesischen Markt Fuß zu fassen. Guttenberg beriet Wirecard bei dessen Expansion nach China mit seiner Investment- und Consultingfirma Spitzberg Partners.
Danach habe Guttenberg eine E-Mail an Merkels Wirtschaftsberater Lars-Hendrik Röller geschickt, in der er "über den beabsichtigten Markteintritt von Wirecard in China unter Beifügung eines Kurzsachstandes unterrichtet und um Flankierung im Rahmen der China-Reise gebeten" habe.
Nach der Reise der Kanzlerin antwortete Röller den Angaben zufolge Guttenberg per E-Mail und teilte mit, "dass das Thema bei dem Besuch in China zur Sprache gekommen ist". Er habe außerdem "weitere Flankierung zugesagt", erklärte die Regierungssprecherin. Über den Vorgang hatte zuerst das Nachrichtenmaginzin "Spiegel" berichtet. Knapp zwei Monate nach seinem Austausch mit dem Kanzleramt gab Wirecard bekannt, dass es Anteile an der chinesischen Firma AllScore Payment Services erwerben werde.
Luftbuchungen
Wirecard hatte Ende Juni dieses Jahres Insolvenz angemeldet, nachdem das Unternehmen eingestehen musste, dass in der Bilanz aufgeführte Barmittel von 1,9 Milliarden Euro, die angeblich auf asiatischen Bankkonten lagen, nicht auffindbar seien. Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt in dem Fall. Es geht unter anderem um den Verdacht der Marktmanipulation.
Zuletzt wuchs in dem Skandal um den Finanzdienstleister auch der Druck auf Bundesfinanzminister Olaf Scholz. Dieser wusste laut einem Bericht seines Ministeriums schon seit Februar 2019 von einem Verdacht der Finanzaufsicht Bafin über Marktmanipulationen bei Wirecard. Im Bilanzskandal um den Dax-Konzern Wirecard fordert die Opposition im Bundestag Aufklärung von der Bundesregierung und droht mit einem Untersuchungsausschuss.
qu/wa (dpa, afp)