Luftschau statt Darfur
31. Juli 2008Die Versprechen waren vollmundig. Von der größten Friedensmission in der UN-Geschichte war die Rede. Doch den Worten folgten keine Taten. Die Bilanz der gemeinsamen Friedenstruppe von Vereinten Nationen und Afrikanischer Union (UNAMID) in der westsudanesischen Krisenregion Darfur fällt nach einem Jahr vernichtend aus. Sie war am 31. Juli 2007 vom UN-Sicherheitsrat eingesetzt worden, um dem Blutvergießen ein Ende zu bereiten. Die Mission sollte bis zu 26.000 Mann stark sein.
Doch ein Ende des Leidens ist nicht in Sicht. Stattdessen ist die Lage der Menschen weiterhin unerträglich. Die Kämpfe und die Vertreibungen gehen weiter. Die Nahrungsmittelversorgung der über 2,5 Millionen Flüchtlinge droht wegen der fortgesetzten Angriffe und Restriktionen der sudanesischen Armee gegenüber Hilfskonvois zusammenzubrechen.
Clooney fordert Hubschrauber
Bisher sind erst etwa 9000 Soldaten und Polizisten vor Ort, der Großteil wurde von der bereits in der Region stationierten Truppe der Afrikanischen Union (AU) gestellt. Den Blauhelmen fehlt es an Helikoptern. Selbst Stiefel und Notrationen sollen knapp sein. Das behauptet ein aktueller Bericht der Save Darfur Coalition. Der Gruppe gehören mehr als 30 Menschenrechtsorganisationen an, darunter Crisis Action, Darfur Hilfe und die Gesellschaft für bedrohte Völker. Ein prominentes Mitglied ist Hollywood-Star George Clooney.
Im Namen der Organisation rief Clooney die Weltgemeinschaft zur sofortigen Bereitstellung von Hubschraubern für Darfur auf. Er verwies darauf, dass die gemeinsame Friedenstruppe von Vereinten Nationen und Afrikanischer Union in Darfur (UNAMID) auch ein Jahr nach Aufnahme ihrer Arbeit noch keinen der angeforderten 18 Transporthubschrauber habe. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat sich mehrfach enttäuscht über den Mangel an technischer Ausrüstung für die Friedenstruppen gezeigt.
Luftschau statt Friedenseinsatz
"Viele Regierungen haben Sorge geäußert, aber nur wenige haben die grundlegenden Werkzeuge bereitgestellt, um Zivilisten zu schützen und den Blauhelmen ihre Arbeit zu ermöglichen", erklärte UN-Friedensbotschafter Clooney. "Es ist Zeit für die Regierungen, Helikopter statt Worte zu liefern."
Dem Bericht zufolge, haben mehr als 20 Länder ungenutzte Hubschrauber, darunter auch Italien, Spanien, Tschechien, Rumänien, Indien und die Ukraine. Allein die NATO-Staaten könnten gemeinsam 104 der geforderten Transportmaschinen stellen - sechs Mal mehr als nötig. "Viele von diesen Hubschraubern verstauben im Hangar oder fliegen zu Luftschauen, während sie Leben in Darfur retten könnten", schreiben Erzbischof Desmond Tutu, der frühere amerikanische Präsident Jimmy Carter und andere Friedensaktivisten in einem Vorwort für den Bericht. Deutschland hat nach Angaben der Bundesregierung keine entsprechenden Hubschrauber verfügbar.
Spendenbereitschaft sinkt trotz Leid
Der seit fünf Jahren andauernde Konflikt im westsudanesischen Darfur hat nach Schätzungen der Vereinten Nationen 300.000 Menschen das Leben gekostet. 2,5 Millionen wurden vertrieben. Trotzdem gerät Darfur offenbar wieder aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit.
Die Deutsche Welthungerhilfe sieht die öffentliche Aufmerksamkeit für die notleidende Bevölkerung in Darfur zunehmend schwinden. Die Spendenbereitschaft sinke deutlich, sagte der Programm-Manager für den Sudan, Jörg Heinrich, dem epd in Bonn: "Dabei droht jetzt in der anstehenden Regenzeit der meiste Hunger, weil die Vorräte vollständig verbraucht sind." Von fünf Millionen Euro im Jahr 2004 sei das Budget der Organisation auf knapp eine halbe Million im Jahr 2007 gesunken.
Haftbefehl spaltet UN-Sicherheitsrat
Der UN-Sicherheitsrat will über eine Verlängerung des Einsatzes in den nächsten Tagen beraten. Auf ein gemeinsames Vorgehen in der Krise konnte er sich bislang nicht einigen. Über die Frage des Antrages auf Haftbefehl gegen Sudans Präsidenten Omar al-Baschir durch den Chefankläger des Internationalen Menschengerichtshofs ist das Gremium gespalten. China und Südafrika drängen darauf, den Antrag auf Haftbefehl Al-Baschir vorerst zu stoppen. Die westlichen Staaten im höchsten Gremium der Vereinten Nationen lehnen das dagegen ab. (stl)