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KonflikteLibyen

Heftige Kämpfe in libyscher Hauptstadt Tripolis

15. August 2023

In der libyschen Hauptstadt Tripolis sind die schwersten Gefechte zwischen rivalisierenden Milizen seit Jahresbeginn ausgebrochen. Sie verstärken die Furcht vor einer Eskalation des Bürgerkrieges.

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Libyen | Kämpfe in Tripolis
Eine Rauchsäule steigt über der libyschen Hauptstadt Tripolis aufBild: Mahmud Turkia/AFP/Getty Images

Die Kämpfe begannen am Montagabend, nachdem eine Miliz Mahmud Hamsa, den Kommandeur der sogenannten 444. Brigade, festnahm, wie Augenzeugen berichteten. Nach Angaben der Brigade wurde er auf dem Flughafen der Hauptstadt Libyens von Mitgliedern der Al-Radaa-Truppe (Spezialeinheit zur Abschreckung) in Gewahrsam genommen.

Nach einer kurzen Unterbrechung gingen die Kämpfe am Dienstag weiter. "Die Zusammenstöße betrafen mehrere Gebiete in den östlichen Vororten von Tripolis und in Ain Zara südlich von Tripolis", sagte ein Beamter des Innenministeriums. Nach Krankenhausangaben wurden bei den Kämpfen bisher zwei Menschen getötet und mehr als 30 verletzt. 

In der Hauptstadt waren Rauchschwaden zu sehen. Bilder in sozialen Medien zeigten gepanzerte Fahrzeuge und bewaffnete Pickups im Osten und Süden von Tripolis. Der einzige zivile Flughafen der Hauptstadt wurde gesperrt. Ausstehende Flüge wurde nach Misrata, etwa 180 Kilometer östlich, umgeleitet. Der Unterricht an der Universität wurde vorerst ausgesetzt.        

Machtkampf zwischen rivalisierenden Fraktionen

Die beiden verfeindeten Gruppierungen sind die größten Machtfaktoren in Tripolis. Obwohl die 444. Brigade und die Abschreckungseinheit vergangenes Jahr zeitweise zusammen die Übergangsregierung der Nationalen Einheit unterstützten, kam es in diesem Jahr in Tripolis immer wieder zu Zusammenstößen zwischen beiden Gruppierungen.

Die Brigade 444 ist dem libyschen Verteidigungsministerium unterstellt und gilt als die disziplinierteste des nordafrikanischen Landes. Sie kontrolliert die südlichen Vororte von Tripolis sowie die Städte Tarhuna und Bani Walid und sichert die Straßen, die die Hauptstadt mit dem Süden des Landes verbinden.

Die Al-Radaa-Truppe, die von Abdel Rauf Karah befehligt wird, ist eine mächtige Miliz, die als Polizei von Tripolis fungiert und sowohl gegen mutmaßliche Dschihadisten als auch gewöhnliche Kriminelle vorgeht. Sie bezeichnet sich selbst als unabhängig vom Innen- und Verteidigungsministerium und kontrolliert das Zentrum und den Osten Tripolis sowie den Luftwaffenstützpunkt Mitiga, den zivilen Flughafen und ein Gefängnis.

Keine politische Lösung in Sicht

In Libyen war nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 ein Bürgerkrieg ausgebrochen. In dem ölreichen Staat ringen bis heute zahlreiche Milizen um Macht und Einfluss. Seit 2014 ist das nordafrikanische Land zwischen verfeindeten Ost- und Westfraktionen aufgespalten. Die östliche Bürgerkriegsfraktion unter dem ehemaligen Armeegeneral Chalifa Haftar scheiterte 2020 mit einem Sturm auf Tripolis. Es folgte ein Waffenstillstand, aber eine politische Lösung des Konflikts scheint in weiter Ferne. Der Konflikt wird durch die Einwirkung ausländischer Staaten zusätzlich befeuert. Alle diplomatischen Bemühungen, den Konflikt friedlich beizulegen, blieben bisher ohne durchgreifenden Erfolg.

Leiterin der Unterstützungsmission der UN in Libyen Stephanie Williams
Die US-Diplomatin Stephanie Williams leitet die Unterstützungsmission der UN in Libyen Bild: Martial Trezzini/KEYSTONE/picture alliance

Die UN-Unterstützungsmission für Libyen zeigte sich angesichts der aktuellen Kämpfe besorgt und rief zu einem Ende der Gewalt auf. Die Ereignisse hätten auch mögliche Auswirkungen auf Bemühungen, den politischen Prozess voranzubringen und landesweite Wahlen abzuhalten. Diese hatten eigentlich Ende 2021 stattfinden sollen, wurden dann unter anderem wegen eines Streits über rechtliche Grundlagen und zugelassene Kandidaten abgesagt. Ein neuer Wahltermin steht bisher nicht fest.

kle/sti (rtr, dpa, afpe, ape)