Hamburg feiert
16. März 2015Kleine Pins an den Revers dunkler Anzüge verraten, warum sich die geballte Hamburger Prominenz im "Skylight Cafe" versammelt hat. Eine stilisierte Flamme in rot, die in eine blaue Welle übergeht, symbolisiert die gemeinsame Sache: Die Pin-Träger wollen die Olympischen Sommerspiele und die Paralympics 2024 in ihre Hafensstadt an die Elbe, holen.
In den vergangenen Monaten haben Politiker, Wirtschaftkapitäne, Handelsleute, Kreative und Sportler der Hansestadt die Werbetrommel gerührt. Und an diesem Abend fällt 500 Kilometer südlich in Frankfurt am Main die Vorentscheidung. Das Präsidium des Deutsche Olympische Sportbunds will bekannt geben, ob Hamburg oder Berlin als deutscher Bewerber ins internationale Rennen geschickt werden soll.
Auf den Monitoren des "Skylight Cafe" flimmern die Höhepunkte der Hamburger Werbekampagne: Das Miniatur-Olympiastadion, in das Hamburger symbolisch ein Plastik-Figürchen setzen konnten. Oder die 25.000 Hamburger, die sich im Februar rund um die Binnenalster mit Fackeln aufstellten und dem Slogan "Hamburg ist Feuer und Flamme für Olympia" Leben verliehen. Kein Sender, keine Zeitung aus Hamburg lässt sich diesen Abend der Entscheidung im Skylight Cafe entgehen: Scheinwerferlicht, Fernsehkameras, Interviews und dasKlicken der Fotoapparate.
Die Angst vor der Enttäuschung
Etwa eine Stunde vor der offiziellen Verkündung macht ein Gerücht die Runde: Hamburg habe sich gegen Berlin durchgesetzt, meldet ein öffentlich-rechtlicher Sender. Die Hanseaten im Skylight Cafe lassen sich aber nicht zur Euphorie hinreißen. "Nicht zu früh freuen", ist der häufigste Satz, der im Small Talk an den Stehtischen fällt. Den Jubel heben sie sich für später auf - später, wenn vielleicht tatsächlich das DOSB-Präsidium seine Entscheidung für Hamburg bekannt gibt.
Um 19.11 Uhr hält sich dann niemand mehr zurück. "Unser einmütiger Vorschlag lautet Hamburg", sagt DOSB-Präsident Alfons Hörmann auf der Pressekonferenz im fernen Frankfurt am Main. Im Skylight Cafe bricht sich der Jubel seine Bahn, als es endlich offiziell ist. Klatschen, Händelschütteln, Klirren von Sektgläsern und glückliche Gesichter.
"Wir haben es nicht nur geschafft, mit Berlin auf Augenhöhe zu agieren. Wir haben es auch geschafft, den Zuschlag zu bekommen", sagt Hamburgs Sportsenator Michael Neumann Minuten nach der Verkündung mit stolzem Unterton. Die Idee, kompakte Spiele im Herzen der Stadt ausrichten zu wollen, habe nicht nur die Hamburger, sondern auch das Präsidium des DOSB überzeugt.
Stich will Spiele für alle
Der ehemalige Tennisprofi Michael Stich freut sich ebenfalls sichtlich über Hamburgs Erfolg: "Ich glaube, dass wir Deutschen eine Weltoffenheit haben, und das können wir mit Olympia unter Beweis stellen." Der Olympiasieger von 1992 hält Hamburg für international konkurrenzfähig. Sollte seine Stadt tatsächlich auch vom Internationalen Olympischen Komitee den Zuschlag erhalten, wünscht er sich: "Spiele für alle, für alle Athleten, für alle Menschen."
Auch ein anderer Olympiasieger, der Ruderer Eric Johannesen, traut Hamburg die Olympischen Spiele zu. Wenn er seine Erfahrungen mit Olympia 2012 in London vergleiche, stehe seine Stadt sportlich in nichts nach. "Die Konzeption ist sehr, sehr gut. Hamburg ist eine sportbegeisterte Stadt, das würden grandiose Spiele werden." 2024 wäre Johannesen 36 Jahre - eigentlich zu alt, um sich erneut mit der Jugend der Welt sportlich zu messen. "Da muss ich auf jeden Fall schauen, je nachdem wie es beruflich aussieht, ob ich in den Sport wieder einsteige." Der Reiz von Olympia in der eigenen Stadt und in der eigenen Sportart sei einfach groß.
Doch noch ist nichts entschieden. Hamburg muss nun auch international überzeugen und viel Lobbyarbeit machen, bevor tatsächlich die Olympischen Sommerspiele und die Paralympics 2024 in Norddeutschland eröffnet werden. Das weiß auch Hamburgs Sportsenator Neumann: "Es ist eine große Ehre, aber auch eine große Verpflichtung, jetzt für Deutschland anzutreten. Das ist heute nicht der Zieleinlauf, das ist der Startschuss zu einem Marathon."