Guatemala muss in die Stichwahl
17. Juni 2019Das Rennen um das Präsidentenamt in Guatemala wird in einer Stichwahl entschieden. Bei der Abstimmung am Sonntag erreichte keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit, wie das Wahlgericht nach Zählung fast aller Stimmen mitteilte. Die meisten Stimmen erhielt mit gut 25 Prozent Sandra Torres von der sozialdemokratischen Partei UNE. An zweiter Stelle folgte mit 14 Prozent der konservative Bewerber Alejandro Giammattei. Die Stichwahl ist für den 11. August vorgesehen.
Insgesamt waren 19 Kandidaten im Rennen. Auch die 160 Abgeordneten des Parlaments wurden am Sonntag neu gewählt. Rund 8,1 Millionen Landesbewohner durften ihre Stimme abgeben, die Wahlbeteiligung lag nach ersten Schätzungen unter 60 Prozent. Bei den Wahlen von 2015 waren es 71 Prozent gewesen.
Kandidaten in der Kritik
Sowohl Torres als auch ihr Gegenkandidat Giammattei stehen aus verschiedenen Gründen in der Kritik. Gegen Torres wird wegen illegaler Wahlkampffinanzierung ermittelt. Ihr Ex-Mann Álvaro Colom, von dem sie sich scheiden ließ, um selbst kandidieren zu können, ist wegen Korruption angeklagt.
Giammattei steht dem Militär und der extremen Rechten nahe. Wegen eines brutalen Einsatzes während seiner Zeit als Chef der Gefängnisverwaltung saß er 2007 in Haft, wurde schließlich aber freigesprochen. Der 63-Jährige will im Kampf gegen die Bandenkriminalität die Todesstrafe wieder einführen. Zudem versprach Giammattei, gegen die Armut und die "widerliche" Korruption im Land energisch vorzugehen.
Viele Menschen befürchten aber, dass keiner der Kandidaten ein echtes Interesse daran hat, die Korruption im Land zu bekämpfen. Ihre Hoffnungen lagen auf der ursprünglich sehr aussichtsreichen Kandidatin Thelma Aldana. Die frühere Generalstaatsanwältin wurde jedoch von der Wahl ausgeschlossen, nach sie mit juristischen Klagen überzogen worden war. Gemeinsam mit der UN-Antikorruptionskommission CICIG hatte die Juristin mehrere ehemalige Präsidenten, Minister und Wirtschaftsmogule hinter Gitter gebracht. Als sie Morddrohungen erhielt, floh sie in die USA.
Todesdrohungen und Unregelmäßigkeiten
Vereinzelt kam es zu Unregelmäßigkeiten bei der Wahl. So berichtet die Zeitung "Prensa Libre", Bürger in der Stadt Esquipulas und anderen Ortschaften hätten dagegen protestiert, dass Wähler aus anderen Regionen in Bussen eingetroffen seien, um ihre Stimme für bestimmte lokale Kandidaten abzugeben. In der Kleinstadt San Jorge wurde die Wahl vertagt, weil die Mitglieder der lokalen Wahlbehörde nach Todesdrohungen ihre Ämter niedergelegt hatten.
Die Wahl geht auch mit Festnahmen Hunderter Migranten im mexikanischen Bundesstaat Veracruz einher. Die meisten der 790 Migranten stammen aus Guatemala und Honduras. Viele Menschen aus Guatemala suchen ihr Heil in den USA, um der Korruption und Gewalt ihres Landes zu entfliehen.
lh/rb (dpa, afp, ap)