Grünen-Länderrat billigt Koalitionsgespräche
17. Oktober 2021Die Grünen haben auf einem kleinen Parteitag, dem sogenannten Länderrat, die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit SPD und FDP im Bund gebilligt. Eine überwältigende Mehrheit der Delegierten votierte für den Antrag der Parteispitze. Es gab lediglich zwei Nein-Stimmen und eine Enthaltung. Der Länderrat stellte sich damit auch hinter ein Eckpunktepapier, das SPD, Grüne und FDP am Freitag nach gemeinsamen Sondierungsverhandlungen vorgelegt hatten.
Bundesgeschäftsführer Michael Kellner sagte in Berlin, das Dokument sei gerade beim Klimaschutz "äußerst ambitioniert"; es enthalte insgesamt eine "klare Reformagenda". Grünen-Chef Robert Habeck unterstrich die Pläne für einen Mindestlohn von zwölf Euro, ein "modernes Einwanderungsrecht", die Kindergrundsicherung, eine Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre und vor allem das Ziel des Kohleausstiegs "idealerweise" bis zum Jahr 2030. Für einige Vorhaben benötigte eine künftige Ampel-Koalition allerdings die Zustimmung von Teilen der Opposition, weil das Grundgesetz nur mit einer Zweidrittelmehrheit geändert werden kann.
"Noch ist nichts gewonnen"
"Wir muten uns mit dem Papier etwas zu", so Habeck, "den anderen aber auch." Ein generelles Tempolimit hätten die Grünen nicht durchsetzen können, ebenso wenig eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes. Dennoch sei das Ergebnis "tragfähig". "Wir sind in einer Hoffnungszeit angekommen", sagte der Co-Parteivorsitzende. Diese Hoffnung dürften die Grünen nicht enttäuschen, die kurz davor stünden, zum zweiten Mal Teil einer Bundesregierung zu werden. Noch sei freilich "nichts gewonnen", warnte Habeck.
Der SPD-Vorstand hatte bereits am Freitag einstimmig für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen votiert. Die FDP-Führung will an diesem Montag darüber entscheiden. Auch dies gilt als Formsache. Aus dem Unionslager kamen gemischte Reaktionen zum Vorhaben der Ampel-Parteien. Während Kanzlerkandidat Armin Laschet und der CDU-Politiker Friedrich Merz lobende Worte für das vorgelegte Sondierungspapier fanden, sprach Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus von der "strammsten Linksagenda, die wir seit Jahrzehnten gehabt haben".
Während Sondierungsgespräche der unverbindlichen Erkundung von Gemeinsamkeiten und Differenzen dienen, haben die Partner bei Koalitionsverhandlungen eine gemeinsame Regierung schon fest im Blick. Sind die Verhandlungen erfolgreich, münden sie in einen Koalitionsvertrag, der die Regierungsvorhaben verbindlich regelt - und der bei den Grünen ebenso wie vorgesehene Ministerposten von der Basis gebilligt werden müsste. Dazu ist eine online-gestützte Mitgliederbefragung geplant.
Die SPD als größter Partner würde in einem rot-grün-gelben Bündnis aller Voraussicht nach mit Olaf Scholz den Bundeskanzler stellen. Die beiden anderen Parteien, deren Ergebnis bei der Bundestagswahl Ende September deutlich niedriger lag als das der Sozialdemokraten, erhielten als Juniorpartner eigene Ressorts in der Regierung.
jj/haz (dpa, afp, rtr)