Referendum für mehr Demokratie
20. Juni 2014Trotz Warnungen der Führung der Volkrepublik China und Angriffen von Hackern stößt in Hongkong die Internet-Abstimmung für mehr Demokratie auf großes Interesse. Nur Stunden nach Beginn der Aktion hätten schon rund 300.000 Menschen ihr Votum abgegeben, teilten die Organisatoren der Gruppe "Occupy Central" mit. Wegen massiver Cyber-Angriffe, deren Ursprung "definitiv in China" vermutet wird, werde die Abstimmung von drei auf zehn Tage ausgedehnt, sagte Organisator Edward Chin der Nachrichtenagentur dpa.
Sonderregelungen für britische Ex-Kolonie
Im Jahr 1997 hatte Großbritannien seine Kronkolonie Hongkong an das kommunistische China zurückgegeben. Unter dem Motto "ein Land, zwei Systeme" hatten London und Peking dabei vertraglich eine Reihe von Sonderregelungen für die Hafenmetropole mit ihren sieben Millionen Einwohnern vereinbart. So genießt Hongkong als chinesische Sonderverwaltungsregion weitreichende Autonomie, aber nur begrenzte Demokratie.
Nur die Hälfte der Abgeordneten wird heute direkt gewählt, während der Rest von Standesorganisationen bestimmt wird, die Peking wohl gesonnen sind. Der Regierungschef wurde bisher von einem Wahlkomitee ausgesucht, das den Vorgaben der kommunistischen Führung der Volksrepublik folgt.
Streit um Wahlen in drei Jahren
2017 sollen die Hongkonger nach den britisch-chinesischen Verträgen ihren Regierungschef eigentlich frei wählen können. Peking besteht aber darauf, die Kontrolle über den Nominierungsprozess der Kandidaten zu haben. Dagegen wenden sich die Demokratie-Aktivisten mit dem Online-Referendum.
Sie hoffen, mit einer hohen Beteiligung den Druck auf China verstärken zu können, freie Wahlen mit Kandidaten auch der Opposition zuzulassen. Die "Occupy Central"-Gruppe hat damit gedroht, im Juli Hongkongs wichtigen Finanzdistrikt nach dem Vorbild der Occupy-Bewegung lahmzulegen, falls es keine demokratischen Reformen gibt. In dem Viertel kam es bereits zu Demonstrationen (Artikelbild).
China bekräftigt Position
Peking zeigt sich allerdings bisher kompromisslos. Die Behörden erklärten, die Abstimmung verstoße gegen die Verfassung Hongkongs und sei daher illegal und nichtig. Mit Blick auf das Referendum und die angedrohten Proteste hatte die kommunistische Führung Chinas vor gut einer Woche mit einem "Weißbuch" ihren Kontrollanspruch über Hongkong bekräftigt. Darin heißt es, Hongkong genieße als Sonderverwaltungszone zwar besondere Freiheiten, habe aber keine volle Autonomie. Das Papier warnt gleichzeitig vor einer Einmischung "ausländischer Kräfte" in innere Angelegenheiten Chinas.
wl/se (dpa, rtr, afp)