Wo Panzer auf den Platz rollten
3. Juni 2014Schon am Vorabend marschierten sie auf. Soldaten begannen damit, den Platz des Himmlischen Friedens (Tiananmen-Platz) abzusperren. Ein Großaufgebot von Sicherheitskräften soll an diesem Mittwoch in Peking jedes öffentliche Gedenken an die Opfer der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung vor 25 Jahren verhindern. Nicht verhindern werden die Truppen, dass dieser Tag weltweit ein Thema sein wird.
Niemand weiß, wie viele getötet wurden
Bei dem Pekinger Massaker waren in der Nacht zum 4. Juni 1989 einige hundert Menschen ums Leben gekommen. Die genaue Zahl ist bis heute nicht bekannt. In Appellen forderten Menschenrechtsorganisationen, die von mehr als tausend Toten sprechen, und ausländische Politiker eine unabhängige Untersuchung. Doch davon ist in Peking ebenso wenig die Rede wie von einer Entschädigung der Opfer oder einer Freilassung der politischen Gefangenen.
Kundgebungen zum Jahrestag sind in China verboten. In der autonom regierten chinesischen Sonderverwaltungsregion Hongkong ist dagegen eine große Demonstration zum Jahrestag des brutalen Militäreinsatzes geplant. Zu der Mahnwache in der früheren britischen Kronkolonie werden mehr als 150.000 Menschen erwartet.
UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay verlangte von der chinesischen Führung die sofortige Freilassung dutzender Aktivisten. Diejenigen, die wegen der Ausübung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung inhaftiert seien, müssten umgehend freikommen, erklärte Pillay. In den vergangenen Wochen waren mehrere Menschenrechtsaktivisten, Anwälte und Journalisten festgesetzt worden, unter anderem deshalb, weil sie an öffentlichen Diskussionen zu den Ereignissen auf dem Tiananmen-Platz vor 25 Jahren teilgenommen hatten. Die chinesischen Behörden hatten im Vorfeld des Jahrestags auch die Internetzensur weiter verschärft. So funktionierten Angebote des US-Konzerns Google praktisch nicht mehr.
In besonderer Erinnerung ist unter anderem das "Tank-Man-Bild", das der Fotojournalist Jeff Widener gemacht hat. Es habe sein Leben verändert, sagte der Fotograf, der früher für Associated Press (AP) gearbeitet hat. In der Nacht zum 4. Juni 1989 war die chinesische Armee auch mit Panzern gegen Studenten vorgegangen, die seit Wochen auf dem Platz des Himmlischen Friedens für mehr Demokratie demonstriert hatten.
Die Führung in Peking begründete das Vorgehen mit der Notwendigkeit, "Chaos" zu beenden. Viele Familien der Studenten wissen nach den Worten der Menschenrechtskommissarin immer noch nicht, was genau ihren Angehörigen zugestoßen ist. Dabei sei es "im Interesse aller", die Fakten zu klären, erklärte Pillay.
ml/SC (dpa, ap, afp)